320 IV. Die neueste Zeit. C. Das neue Deutsche Reich.
Tonnen Roggen, 2 205 504 Tonnen Gerste und 4 301407 Tonnen
Hafer. An den Anbau von Nahrungspflanzen schließt sich die
Kultur derjenigen Bodenprodukte, die besonders die Stoffe hergeben,
welche die Gewerbsthätigkeit verarbeitet, so namentlich Flachs, Hopfen,
Rüben, Tabak. Im Jahre 1873 wurden in Deutschland 48 Mil
lionen kg Flachs gewonnen; im Jahre 1887 produzierten die Zucker
fabriken 1200 Millionen Rübenzucker. In Norddeutschland
waren 1887 gegen 10 000 Bierbrauereien thätig, in Bayern allein
6740, welche 13 096 200 hl Bier brauten.
Diese Zahlen reden, wenn auch eine stumme, so doch eine ge
waltige Sprache. Sie geben uns ein Bild davon, wie mächtig
Handel und Wandel in unserem deutschen Vaterlande emporgeblüht
sind. Daneben aber finden Kunst und Wissenschaft die sorgfältigste
Pflege. Wie durch die allgemeine Volksschule dafür gesorgt ist, daß
jedes deutsche Kind sich diejenigen Kenntnisse aneignen kann, die
heutzutage für das Leben unter einem hoch entwickelten Kulturvolke
nötig sind, sodaß z. B. im Jahre 1881 von 100 Erwachsenen 94
des Lesens und Schreibens kundig waren (in England nur 84, in
Frankreich 78, in Rußland 11). so ist ebenfalls allen denen, welche
sich wissenschaftlich weiter ausbilden wollen, die reichste Gelegenheit
geboten. Zn Deutschland bestehen 878 höhere Lehranstalten, welche
über das Ziel der Volksschule hinausgehen (Gymnasien, Realschulen
u. s. w.), 22 Universitäten oder Hochschulen, 183 Lehrerseminare,
9 technische Hochschulen für die Ausbildung von Ingenieuren, Ma
schinenbauern u. dgl., sowie eine sehr große Zahl von Anstalten,
die für einen besonderen Beruf vorbereiten, wie Baugewerk-, Berg-,
Forst-, Handels-, Landwirtschafts-, Schiffahrts-, Gärtner-, Gewerbe-,
Musik- und Malerschulen. Durch die Pflege, welche Kunst und
Wissenschaft in Deutschland finden, sind beide zu hoher Blüte gelangt.
3. Die Kaiser ans dem Hause Hoheryollern.
Für die hohe Entwickelung des Deutschen Reiches ist von be
sonderer Bedeutung, daß die Kaiser aus dem Hause Hohenzollern
rastlos bestrebt gewesen sind, den Frieden zu erhalten.
Kaiser Wilhelm I. (1871—1888) hielt, was er bei der Über
nahme der Kaiserkrone gelobt hatte. Die ganze Welt pries den
sieggekrönten Herrscher als den sichersten Friedenshort Europas; er
wurde wiederholt zum Schiedsrichter in Streitigkeiten fremder Na
tionen angerufen, so namentlich indem orientalischen Kriege,
der 1878 zwischen Rußland und der Türkei ausgebrochen war
und durch den Berliner Kongreß unter Vorsitz des Fürsten
Bismarck beigelegt wurde. Freilich mußte Deutschland sich stets
auf einen Rachekrieg Frankreichs gefaßt machen. Darum war Kaiser