1. Der Kampf gegen die französische Revolution. 261
Für diesen Verlust wurde es im Osten entschädigt. Zn Polen
nämlich hatten die französischen Freiheitsideen auch bereits Boden
gewonnen und einen Aufruhr hervorgerufen, an dessen Spitze
der tapfere Ko sciuszko stand. Preußen war nun auf zwei
Seiten von revolutionären Elementen bedroht: im Westen von
Frankreich, im Osten von Polen. Als daher Rußland in letztge
nanntes Land einrückte und nach Unterdrückung der Unruhen auf
die zweite Teilung Polens 1793 drang, war Friedrich Wil
helm II. damit einverstanden. Preußen erhielt denjenigen Teil von
Polen, welcher unter dem Namen von Südpreußen bekannt ist,
nebst den Städten Thorn und Danzig, im ganzen 700 Quadrat
meilen mit % Mill. Einwohner. Zn demselben Zahre hatte auch
der kinderlose Markgraf von Ansbach und Baireuth seine
Fürstentümer an Preußen abgetreten.
Die Polen konnten jedoch die Zerstückelung ihres schönen Vater
landes nicht verschmerzen; sie standen in Massen auf, an ihrer Spitze
wiederum Kosciuszko, und begannen einen verzweifelten Kampf zur
Wiedereroberung der verlorenen Landesteile. Die Schlacht bei
Maciejowice gegen den russischen General Suwaroff 1794,
in welcher Kosciuszko mit den Worten: Finis Poloniae (Polens
Ende) vom Pferde sank, entschied jedoch für immer Polens Schicksal.
Denn jetzt kam durch die dritte Teilung Polens 1795 der letzte
Rest dieses einst so mächtigen Königreichs an Rußland, Österreich
und Preußen, und Polen verschwand aus der Reihe der Staaten
Europas. Preußen erhielt bei der Teilung alles Land bis zur
Weichsel mit der Hauptstadt Warschau, ungefähr 1000 Quadratmeilen
mit 1 Million Einwohner, und nannte das erworbene Land Neu-
O st preußen.
Friedrich Wilhelms II. Sohn und Nachfolger, der edle Fried
lich Wilhelm HI. (1797—1840), beteiligte sich vorläufig noch
nicht an den Kämpfen gegen die französische Republik, da er vor
allen Dingen seinem Volke den Frieden zu erhalten wünschte. Seine
nächste Sorge war, die Abgaben zu erleichtern und die Schulden,
welche unter der Regierung seines prachtliebenden Vaters entstanden
waren, zu tilgen, und wirklich gelang ihm nicht nur dies bei der
äußersten Sparsamkeit, sondern er sammelte in wenig Zähren noch
einen baren Schatz von 51 Millionen Mark. Dabei waren trotz
dem große Summen zur Erbauung von Kirchen und Schulen, zur
Gründung von Armen- und Krankenhäusern und zur Unterstützung
wohlthätiger Anstalten ausgegeben worden. Friedrich Wilhelm III.
war vermählt mit der schönen, hochbegabten und edlen Luise von
Äteckl enburg-Strelitz, geb. den 10. März 1 7 76, einem
hohen Frauenbild voll Sitte, Anmut und Milde, von Dichtern