Prima: übrige Fächer. Mathematik und Naturwissenschaft. Deutsch. YHI, 67
den sind und ihren Einfluss auf das Leben nur gewonnen haben, weil in der
Vergangenheit so viele uneigennützige Forscher das Licht um des Lichtes
willen, ohne Dank und ohne Lohn, ja oft in gefährlichem Kampf mit der
Lichtscheu und dem Vorurteil gesucht haben, und es wird kein Umweg sein,
ein Wort davon fallen zu lassen, wie die Astronomie allmählich aus der
Astrologie, und die hochheilige Wissenschaft der Chemie aus der Gold
macherkunst sich herausgebildet und befreit und wer dabei mitgeholfen hat.
Ich führe dies nur an, weil ich erwachsene Knaben unter Philologen und
Mathematikern kennen gelernt habe, die sich nicht ganz enthalten konnten,
bei ihrem Dozieren einen verächtlichen Seitenblick auf die andere Wissen
schaft zu werfen, ohne zu wissen, wie verächtlich sie in diesem Augen
blicke selber waren. Im Grossen, auf der Akademie, und im Kleinen, auf
dem Gymnasium, muss derjenige, der — um ein von einem geistvollen
Philologen gebrauchtes treffendes Beispiel zu entlehnen — eine Abhand
lung von einigen 100 Seiten über den zweizeiligen Spaltpilz schreibt oder
zu schreiben fähig wäre, denjenigen respektieren, der eine solche über
das aus zwei Buchstaben bestehende Wörtchen äv geschrieben hat oder
zu schreiben versucht wäre. Respekt vor dem Wissen um des Wissens
willen zu pflanzen ist gemeinsame Pflicht, denn von Nutzen im gemeinen
Sinne des Worts ist den meisten Menschen in ihrem späteren Leben
weder die Kenntnis des pythagoreischen Lehrsatzes, noch die der Regeln
über die hypothetischen Sätze im Griechischen, noch auch die Notiz, dass
Karl der Grosse von 768—814 n. Ohr. regiert hat.
Man pflegt nun, wie wir schon bemerkt haben, neuerdings und ganz
besonders für die oberste Stufe den deutschen Unterricht als eine
Art Centrum des gesamten Unterrichts in unseren höheren Schulen her
vorzuheben und den deutschen Aufsatz als sichersten Prüfstein geistiger
Reife anzusehen — was denn freilich, soweit es wahr ist, immer wahr
gewesen und nur von ungeschickten Werkzeugen, was jeder Wahrheit
begegnen kann, zuweilen verdunkelt worden ist. Die Aufgabe der Lehrer
des Deutschen ist nach und nach eine sehr vielseitige geworden und ihre
Lösung hängt gar sehr und mehr als bei jedem anderen Fach von der
Individualität des einzelnen Lehrers ab: von unserem historischen Interessen
standpunkt aus begrüssen wir es — paradox, wie das klingen mag — als
einen gesunden Fortschritt, dass man von dem vornehmen Worte Lite
raturgeschichte zurückgekommen ist, und nach Möglichkeit statt über
Entwickelungen, Dichterschulen u. s. w. zu reden, die Dichtwerke und die
Dichter selbst zu den Schülern reden lässt, eine Anzahl klassischer Werke,
hohe Tragödie und anderes, zu lesen sich gewöhnt hat und hoffentlich
mehr und mehr die Schüler anregt, durch häusliche Lektüre zu ergänzen,
wozu in der Schule die Zeit fehlt. Wir haben hier, vom Standpunkt des
Geschichtslehrers aus, der aber, um seinen Teil der Jugendbildung zu be
sorgen, sich auch einigermassen um die Art, wie die übrigen Disziplinen
verwaltet werden, bekümmern muss, darauf hinzuweisen, dass uns gegen
wärtig in diesem Unterricht zu viel ästhetisiert und analysiert zu werden
scheint. Die Technik des Dramas, die Spieler und Gegenspieler, das erste
und zweite u. s. w. erregende Moment, die steigende und fallende Hand-
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