VIII, 26
Geschichte.
noch kein Geschichtsunterricht im eigentlichen Sinne möglich. Bei diesen
Repetitionen vor allem wird sich die Lehrkunst bethätigen können und
bewähren müssen. Die Sache selbst aber ist einfach. Den ganzen Zeit
raum von 264—146 der römischen Geschichte z. B. kann man als Bio
graphie Hannibals oder des älteren Scipio repetieren. Diese Lebensgeschichte
fragend aufbauen aus dem Material, welches in den letzten 10—12 Stunden,
oder 4—6 Wochen in das Wissensmagazin des Quartaners, Abteilung Ge
schichte, eingelegt worden ist, und in das er noch unmittelbar vor der
Repetition, die, beiläufig bemerkt, nicht viel über eine Stunde Zeit be
anspruchen darf, noch auch nach dieser Methode beansprucht, durch Aus
wendiglernen der etwa 26 Zahlen dieser Periode Ordnung gebracht hat.
Dass hier das biographische Moment ganz besonders fruchtbar gemacht
werden kann, leuchtet ein und dies ist der naturgemässe Weg, aus der
Volksgeschichte die Lebensgeschichte leitender Männer zu finden, nicht der
umgekehrte, der Volksgeschichte die Lebensgeschichte seiner grossen Männer
unterzuschieben. Es gibt aber natürlich auch gute andere Motive genug,
z. B. gelegentlich, gegen Schluss des Kursus, die Zusammenstellung der
Geschichte einer Landschaft, Oberitaliens, Siziliens, Spaniens, Böotiens,
Messeniens und wir können hier gleich hinzufügen, dass so betrachtet, der
geschichtliche Unterricht auch eine ganz ergiebige Fundstätte bietet für
die ersten Anfänge des deutschen Aufsatzes, die, wie alle Anfänge zu
sammenhängenden Arbeitens in diese Klassenstufe fallen. Es ist eine vom
Durchschnittsquartaner recht wohl lösbare Aufgabe, z. B. eine kurze Zu
sammenstellung der Geschichte der Landschaft Messenien, wozu man ihm
die Seitenzahlen seines Lehrbuchs angeben mag, oder der Stadt Theben, ge
gründet nach der Sage von Kadmus, zerstört von Alexander dem Grossen.
Notabene aber: wir meinen dabei nicht eine der sogenannten kleinen
Ausarbeitungen, noch weniger eine weitere besondere Leistung für den
Geschichtsunterricht, sondern einfach ein Aufsatzthema. Denn wir wollen
für den Gsschichtsunterricht selbst keine weiteren Aufgaben, keine Klassen
arbeiten, keine Geschichts-Extemporalien u. s. w., kein elftes Gebot. Der
ruhige Gang, den wir eben angedeutet, soll ruhig zu Ende gegangen werden.
Aber allerdings bis zu Ende gegangen werden. Dies ist eine wich
tige und sehr schwer zu erfüllende Pflicht, weil sie zum Teil doch von
Zufälligkeiten abhängig ist: die vollständige Erledigung der Aufgabe, —
dass man mit dem Pensum wirklich fertig wird, meinen wir. Dem
Universitätsprofessor macht dies Fertigwerden bekanntlich im allgemeinen
wenig Kummer, doch soll damit kein allgemeiner Vorwurf gemacht sein,
der auch unberechtigt sein würde, und wenn nur das Gegebene gediegen
ist, so hat es auch nicht so viel zu sagen: wir Gymnasiallehrer aber,
deren Unterricht unter anderen Gesetzen steht, dürfen uns dergleichen
nicht erlauben. Der Geschichtslehrer also muss sich bei Zeiten seinen
Überschlag machen, und im weitern Fortgang die Rechnung mehrmals
prüfen: nicht rasten, damit er gegen Ende nicht zu hasten nötig hat: er
soll zwar im Lehrbuch nichts überschlagen, kann aber recht vieles doch
kurz behandeln, damit er dieses Lehrbuch wirklich zu Ende bringt und
die Schüler, was für unseren zur Wissenschaft erziehenden Unterricht