VIII, 16
Geschichte.
II. Mittelstufe.
(Von Quarta bis Untersekunda.)
Mit den im Vorhergehenden dargelegten oder angedeuteten Kennt
nissen und Begriffen und mit dem, was sich an Bildungsimponderahilien
der Aneignung dieser Kenntnisse und Begriffe von selbst zugesellt und ver
bindet, sind die Voraussetzungen für den nunmehr ansetzenden eigentlichen
Geschichtsunterricht gegeben. Nicht davon freilich ist die Rede, dass mit
dem Glockenschlag 8 Uhr desjenigen Tages, an welchem der Schüler in
die Quarta eintritt, die Fähigkeit beginne, mit Nutzen Geschichtsunterricht
zu empfangen. Unter den Schülern werden manche sein, die längst zu
geschichtlichen Büchern, entweder sehr guten, wie etwa der griechischen
und römischen Geschichte von C. L. Roth oder recht zweifelhaften fabrik-
mässig und von sehr Unberufenen hergestellten gegriffen haben. Das
letztere muss man eben hinnehmen, dieses Alter verdaut bekanntlich viel
ohne Schaden zu nehmen und die Zeit ist hoffentlich noch sehr fern, wo auch
dies Gebiet, die häusliche Lektüre des Schülers, dem allbezwingenden
Schulmeistertum unterworfen wird und der Knabe nichts lesen kann, wobei
ihm nicht ein Hofmeister, il suo pedante wie die Italiener sagen, über die
Schulter blickt. Es handelt sich darum, dass mit der Quarta, dem 3. Jahr
unter normalen Verhältnissen, die Stufe erreicht ist, wo im Organismus
des Gymnasialunterichts der förmliche und eigentliche Geschichtsunterricht,
2 Wochenstunden der Regel nach, ansetzen — wo die planmässige Wan
derung durch die 30 letzten Jahrhunderte der Menschengeschichte angetreten
werden kann — zum Unterschied von den gelegentlichen Spaziergängen,
die man auch seither schon in der Schule oder die der Schüler auch etwa
für sich in dieses Gebiet gemacht hat.
Es sind hier einige Vorfragen kurz zu erledigen. Dass die neun-
klassigen Vollanstalten die Wanderung durch das Geschichtsgebiet so,
wie es durch lange Tradition und einigermassen konventionell abgegrenzt
worden ist, zweimal, einmal mit Knaben und dann noch einmal unter
den nötigen Modifikationen mit Jünglingen zu machen haben, folgt, wie
wir gesehen, unmittelbar aus dem Wesen dieser Anstalten, welche ihre
Zöglinge vom Kindes- bis zum Jünglings- um nicht zu sagen angehenden
Mannesalter behalten, und wir sehen von vornherein von allen Vorschlägen
ab, welche diese Notwendigkeit einer zweimaligen Wanderung ignorieren
und für Prima dann ein Nescioquid von Geschichtsvorträgen, Quellenlektüre
und allerlei sonstiger angeblicher Vertiefung verlangen. Das Prinzip der
zweimaligen (oder dreimaligen) Lesung ist überall gut, in der Gesetzgebung
und im parlamentarischen Leben, wie bei der privaten Lektüre guter
Bücher, und der verständige Mensch behält es sein Lebenlang bei: es ist
bei diesem Unterrichtsgegenstand ganz besonders einleuchtend und frucht
bar. An den preussischen Anstalten und denen, welche sich ihrer Neu
einrichtung angeschlossen haben, wird jetzt die erste Wanderung von
Quarta bis Ende Untersekunda, bis zu der sogenannten Abschlussprüfung,
bis zu jener berühmten Ecke gehen, an der die Einen sich rechts und
links in die Büsche schlagen, während die Andern den Weg geradeaus