Im Jahre 1856 beschrieb v. Graefe zum ersten Mal
bei einem vierzigjährigen Manne eine vollkommene Lähmung
aller zwölf Augenmuskeln, während die Accomodation voll
ständig erhalten war; zehn Jahre später teilte er einen
neuen Fall mit, in welchem die Lähmungen innerhalb zwei
Wochen auftraten. Seit dieser Zeit ist eine größere Anzahl
von Fällen veröffentlicht worden.
Die Lähmung der Augenmuskeln kommt unter den
verschiedenartigsten Bedingungen, als Symptom zahlreicher
Erkrankungen vor. Die Ophthalmoplegie kann sich in
acuter, subcutaner und chronischer Weise entwickeln; die
acute Ophthalmoplegie ist eine Affektion, die meistens auf
dem Boden der Infektion und Intoxikation entsteht.
Die chronische Augenmuskellähmung, die meistens
noch das Attribut progressive beansprucht, ist in reiner
Form selten beobachtet; in der Mehrzahl der Fälle ist die
chronische, progressive nur ein Vorläufer oder eine Teil
erscheinung einer komplizierteren Erkrankung des Nerven
systems. Nachdem Sitz des Krankheitsprocesses hat M au th ner
folgende Einteilung gegeben.
Er geht von den anatomischen Gesichtspunkten aus
und unterscheidet:
1. intracranielle,
2. orbitale,
3. periphere Lähmungen.
Bei einer Ophthalmoplegia intracranialis ist die Krank
heitsursache innerhalb der Schädelhöhle zu suchen. Je
nachdem die Krankheit von der Gehirnsubstanz oder von