6
in Kiel eine ganze Reihe von Fällen in Behandlung und
Beobachtung, bei denen es sieh uni eine Erkrankung handelte,
die den Röteln am nächsten stand, aber doch gewisse Ab
weichungen von dem gewöhnlichen Bilde darbot. Da es
nun möglich war, bei vielen den Verlauf vom ersten Beginn
an zu verfolgen, also ihn genau kennen zu lernen, so dürfte
es von Interesse sein, denselben genauer zu schildern und
daraus die für die Differentialdiagnose gegenüber verwandten
Krankheiten wie Masern, Scharlach und der sog. »4ten Krank
heit« in Betracht kommende Schlüsse zu ziehen.
Fall I.
Paul W., 3 Jahre alt, wird am 5. II. 07 aus dem
städtischen Armenhause der Krankenanstalt überwiesen wegen
eines seit Morgens 5. II. bemerkten Ausschlages.
Stat. praes. : Allgemeines, über den ganzen Körper
verbreitetes, 'rosarotes Exanthem. Die einzelnen Efflores-
cenzen sind ungefähr von der Größe eines Hanfkorns, zeigen
nirgends Confluenz und lokalisieren sich außer an den
übrigen Körperteilen, auch einzeln in der Umgebung
von Mund und Nase sowie auf der behaarten Kopfhaut.
Leichter Schnupfen, leichte Conjunctivitis, geringgradige
Angina catarrhalis sind vorhanden. Koplik’sche Flecke
fehlen. Im Urin kein Eiweiß, keine Diazoreaction.
Temperat.: 38,4° (vgl. Temperaturkurve 1). Allgemein
befinden nicht gestört.
6. II. Exanthem nur auf der Innenfläche der Ober
schenkel noch deutlich.
Temperat.: 38,2°. Leichte kleienförmige Abschuppung
auf den Wangen.
8. II. Kein Exanthem mehr. Im Urin kein Eiweiß.
Keine Diazoreaction.
Temperat.: normal.
10. II. Noch starke Abschuppung. Schleimhäute wieder
frei.
15. II. Wohlbefinden. Keinerlei Komplikationen.
20. II. Immer noch leichte Abschuppung.
23. II. Geheilt entlassen,