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düngen erklären sich die unwillkürlichen choreatischen Be
wegungen, aus der Atrophie des Stirnhirns der Untergang
der höheren, geistigen Funktionen.
In der Zeitschrift für Nervenheilkunde, 1903, werden
3 Fälle chronisch progressiver Chorea von Müller ausführ
lich geschildert:
Fall I.
L. M., 47 jähriger Landwirt, ist insofern erblich belastet,
als der Großvater sehr unruhig, besonders in den Füßen
gewesen sein soll. Derselbe starb, 68 Jahre alt, an unbe
kannter Ursache. Auch der Vater soll an beständiger Un
ruhe und »Zucken des Nachts« gelitten haben. Er erlag
einer Lungenentzündung im Alter von 46 Jahren. Ein Stief
bruder und eine Stiefschwester zeigen ebenfalls diese »Fa-
milieneigentümlickeit«. Dagegen soll ein 66jähriger Bruder
jetzt völlig gesund sein, wiewohl er früher an Epilepsie ge
litten habe. Patient selbst hatte früher viel über Kopf
schmerzen zu klagen. Ohne besondere Veranlassung begannen
vor 3 Jahren Zuckungen, die an Intensität Zunahmen, sodaß
Patient jetzt kaum noch gehen und sprechen kann. Der
ganze Körper befindet sich in einem immerfort währenden
Biegen und Schwanken des Körpers. Die Umgebung des
Mundes und die Zunge beteiligen sich ebenfalls an der Un
ruhe. Die Augen verhalten sich normal. Die Reflexe sind
alle lebhaft. Es besteht kein Fußklonus. Die rohe Kraft
ist gut erhalten. Uber der Lunge hört man bisweilen rauhes
Atmen, das durch plötzliche Kontraktionen des Zwerchfells
bedingt ist. — Im psychischen Verhalten fällt die sorglose
Stimmung auf; die für gewöhnlich ausdruckslosen Gesichts
züge heitern sich mitunter bei ganz indifferenter Unterhal
tung auf.
Fall II.
N. W., 47jähr. Landwirt. Über Vorkommen von.
Nerven- oder Geisteskrankheiten in der Familie ist nichts
bekannt. Vor 5 Jahren erfuhr Patient beim Fallen von
einem Baum einen großen Schrecken. Seit dieser Zeit habe
er Zuckungen bemerkt. Seine Verwandten dagegen geben
an, damals sei nur eine Verschlimmerung eingetreten, vväh-