Full text: Ein Beitrag zur Lehre der Chorea chronica progressiva (Huntington'sche Chorea)

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Beugestellung befinden, am Boden schlürfen. Oder der 
Gang hat einen mehr tänzelnden, ausfahrenden Charakter. 
Glaubt sich der Kranke unbeobachtet, so nehmen alle 
diese Bewegungen an Intensität ab, besonders verliert sich 
der schleudernde Charakter. Intendierte Bewegungen ge 
schehen ziemlich rasch und sicher im Gegensatz zur Chorea 
minor. Im vorgerückterem Stadium aber geht der Einfluß 
des Willens mehr und mehr verloren, obwohl der Kranke 
auch hier durch Schnelligkeit den Muskelzuckungen zuvor 
zukommen sucht. Wird eine beabsichtigte Bewegung aus 
geführt, so steht häufig im Gegensatz zur Sicherheit der 
die Bewegungen ausführenden Muskeln eine Zunahme der 
choreatischen Zuckungen in den unbeteiligten Muskelgebieten. 
Motorische Kraft und Sensibilität ist gewöhnlich nor 
mal, ebenso die mechanische und elektrische Muskelerreg 
barkeit. Die Sehnenreflexe, bes. die Patellarreflexe sind 
häufig gesteigert, Haut- und Periostreflexe ohne Besonderheit. 
Die Untersuchung der inneren Organe, Puls und Temperatur 
bieten keine für die Krankheit pathognomischen Anhalts 
punkte. Etwaig vorkommende Blasen- und M astdarmstör un- 
geu erklären sich als Begleiterscheinung ein getretener Im- 
beeillität. 
Verhältnismäßig früh stellen sich mit den körperlichen 
Veränderungen Störungen des seelischen Zustandes ein, die 
ihrerseits auch wieder langsam fortschreiten. Die Art der 
Geistesstörungen ist in den einzelnen Fällen verschieden, 
manchmal nur eine einfache Gedächtnißschwäche und ab 
norme Reizbarkeit, in der Mehrzahl aber kommt es zur 
Entwicklung der Demenz und dem Zustand völliger Ver 
blödung. Daß die Kranken unter schweren Melancholie- 
und Depressiouszuständen leiden können und selbst vor 
Suicidversuchen nicht zurückschrecken, ist erklärlich, wenn 
man bedenkt^ daß sie häufig das Schicksal ihrer erkrankten 
Vorfahren kennen und sie sich selbst danach die Prognose 
stellen. Vorkommende Tobsuchtsfälle gehören nach Wollen 
berg nicht zu dieser Form der Chorea und sind nur als 
zufällige Komplikationen zu betrachten. 
Die pathologisch-anatomischen Befunde konnten bisher
	        
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