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Temperatursteigerung liegt. Alle diese Mängel kommen nun
bei der Ophthalmoreaktion in Wegfall, worin wohl ein augen
scheinlicher Vorteil vor der subkutanen Tuberkulininjektion
liegt, die doch einen so anerkannten Faktor zur Sicherung
der Diagnose ausmacht. Die Ophthalmoreaktion erfordert
keine Temperaturmessungen, sie macht keine stärkeren Be
schwerden, sie ist unabhängig von der Temperatur, wodurch
sie gerade geeignet ist zur Anwendung bei dubiösen Tem
peratursteigerungen, die so oft den Verdacht auf Tuberkulose
erwecken.
Diese Vorteile kommen nun zwar in gleichem Maße
der v. Pirquet’schen Kutireaktion zu, deren Bedeutung
jedoch wesentlich eingeschränkt wurde durch die einstim
migen Angaben aller Untersucher, daß nämlich mit ihr bei
fast allen Erwachsenen positive Resultate erzielt wurden,
v. Pirquet selbst hebt dieses Ergebnis hervor, indem er
bei seiner ersten Mitteilung in der Berliner medizinischen
Gesellschaft sagt: „Diagnostischen Wert dürfte diese Tuber
kulinimpfung hauptsächlich im ersten Lebensalter haben,
denn es zeigt sich, daß mit dem Zunehmen des Alters die
Reaktion immer häufiger wird, so daß bei den Erwachsenen
fast alle Patienten diese Reaktion zeigen. Das wird uns
nicht verwundern, da wir ja aus den Sektionsbefunden
wissen, daß in den Städten der größere Teil der Menschen
irgend einmal mit Tuberkulose infiziert worden ist, und das
scheint zu genügen, um eine Reaktion hervorzurufen.“
(v. Pirquet: Berliner med. Gesellschaft vom 8. V. 07.)
Zur Veranschaulichung führe ich die Resultate v Pir
quet’s und einiger derer, die die Reaktion nachprüften, an.
Es erhielten positive Kutireaktion:
v. Pirquet: bei klinisch nicht tuberkulösen Säuglingen
in 1,8%,
bei klinisch nicht tuberkulösen Kindern von 8 bis
14 Jahren in 35%,
von Erwachsenen bei fast allen.