Um die Diagnose der Tuberkulose mit voller Sicher
heit stellen zu können, waren wir bisher auf Methoden an
gewiesen, die nicht in allen Fällen und nicht unter allen
Bedingungen besonders für den praktischen Arzt ausführbar
waren. Mit großem Interesse wurde daher eine Entdeckung
begrüßt, mit der v. Pirquet die Berliner medizinische Ge
sellschaft im Mai 1907 bekannt machte, die Tuberkulin
diagnose durch kutane Impfung. Im Anschluß an den v.
Pirquet’schen Vortrag teilte Wolff-Eisner ein ähnliches
von ihm angewandtes neues Verfahren mit, mittels dessen
er Tuberkulose nachweisen zu können glaubte durch Ein
träufelung von Tuberkulin in den Bindehautsack.
Beide Methoden, die sich durch Einfachheit und weiteste
Anwendbarkeit auszeichnen, beruhen auf der Erkenntnis, daß
in dem mit Tuberkulose infizierten Organismus sich eine
Überempfindlichkeit der Zellen gegen Tuberkulosetoxin aus
bildet. Nach Citrons Darlegungen („Über Tuberkuloseanti
körper und das Wesen der Tuberkulinreaktion“) steht diese
Überempfindlichkeit in engstem Zusammenhänge mit der
Antikörper-Produktion. Die Antikörper, die von den Zellen
des infizierten Organismus gebildet werden, verschwinden
nach kurzer Zeit wieder aus dem Blut, „was zurückbleibt,
ist jene Umstimmung der Zellen“ (Wassermann und
Citron), „Allergie“ (v. Pirquet) jene Überempfindlichkeit,
die zugleich aber auch eine erhöhte Fähigkeit zur Antikörper-
Produktion darstellt“ (Citron, Berliner Klinische Wochen
schrift 36, 07).
Diese Überempfindlichkeit machte v. Pirquet zur
Grundlage seiner Allergie-Diagnostik, indem er, ausgehend