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gehoben wird oder nicht. Die Prognose läßt Winslow
zu sehr sich nach Äußerlichkeiten richten. Die Art des
Blödsinns, welche bei schlimmem Ausgang eintritt, wird
nicht näher beschrieben, noch gegen andere Blödsinns
formen abgegrenzt.
Gutsch bespricht im Jahre 1862 als erster in aus
führlicher Weise die Seelenstörungen in Einzelhaft, der
er eine große ursächliche Bedeutung für das Zustande
kommen von Geisteskrankheiten beimißt. Ihn frappiert
die häufige Gleichartigkeit in Form und Inhalt des von
Inhaftierten dargebotenen Krankheitsbildes: Meist sind
es, vereinzelt oder nebeneinander vorkommend, gemütliche
Verstimmung und Reizbarkeit, Hallucinationen neckenden,
verspottenden Inhalts, verschlossenes, scheues, ängstliches
Wesen, Tobsuchtsanfälle, der Umgebung angepaßte Ver
folgungsideen (die Aufseher sprechen über den Gefangenen
usw.), Unruhe, Schlaflosigkeit, Nahrungsverweigerung und
andere Symptome, welche hauptsächlich die leidenschaft
lichen Verbrecher, vorzugsweise in der ersten Zeit der
Haft befallen.
Delbrück findet gleichfalls, daß Leidenschafts
verbrecher, zumal in den ersten Jahren der Gefangenschaft,
ganz besonders zu Hallucinationen in der Einzelhaft dis
poniert sind, und meint, daß Aufhebung der Isolierung,
Beschäftigung usw. das sicherste Mittel sei, die Krankheit
im ersten Entstehen zu ersticken.
Im folgenden möchte ich nun 2 Fälle beschreiben,
die ich als Beispiele für „akute Psychosen im Gefängnis“
anführe.
Im ersten Fall handelt es sich um eine akute Para
noia, eine schnelle Entwickelung von Wahnideen mit
systematischem Charakter der Verfolgung.
Kl. verbüßte eine ihm vom Gericht der I. M.-D. zu K.
auferlegte Zuchthausstrafe von 3 Jahren wegen Fahnen
flucht und Diebstahl seit 11. V. 04. — 23. VI. 07.