7
zum Ausbruch bringt. Diese Beobachtung machte auch
Redlich, der feststellen konnte, daß in einer ganzen Reihe
von Fällen Diabetes unzweifelhaft das Auftreten von Psy
chosen im Allgemeinen begünstigte, wobei er auch den
durch ihn gesetzten allgemeinen Ernährungsstörungen die
Hauptrolle beimißt.
Die zweite Frage ist die: Ist der Diabetes respective
sind die diabetischen Veränderungen im Gehirn allein im
stande, eine echte Dementia paralytica hervorzurufen, giebt
es also eine Paralysie diabetique?
Diese Ansicht hat schon Marc hall de Calvi ver
treten. Seine Auffassung teilt in neuerer Zeit Cbarpentier,
der die Paralyse als eine Folge chronisch toxischer Einwirkung
auffaßte und demgemäß auch die diabetische Stoffwechsel
störung mit als Ursache der Paralyse anführte. Auch
Kraepelin faßt ja die Paralyse als Stoffwechselkrankheit
auf, ohne dabei freilich die diabetische Intoxication aus
drücklich zu nennen, vielmehr mißt auch er die Hauptrolle
der syphilitischen Inlection bei und meint, daß sich auf
ihrem Boden eine Stoffwechselerkrankung entwickele, die
nun ihrerseits die paralytischen Veränderungen hervorrufe.
Es träte demnach die Paralyse in eine gewisse Verwandt
schaft zu dem Myxoedem, Diabetes und andern ähnlichen
Erkrankungen.
Dem gegenüber ist Redlich der Ansicht, daß Diabetes
nicht als die wirkliche oder wenigstens durchaus ausschlag
gebende Ursache einer Psychose im Allgemeinen angesehen
werden kann und daß solche Fälle demnach nicht als dia
betische Psychosen in dem Sinne bezeichnet werden dürfen,
als man von alkoholischen, epileptischen, traumatischen
Psychosen zu sprechen berechtigt ist.
Nur dann also, wenn es möglich sein sollte, jede andere
Ursache für die Entstehung der Paralyse mit absoluter
Sicherheit auszuschließen, wird man einigermaßen berechtigt
sein, von einer Paralysie diabetique zu sprechen. Dies wird
aber kaum jemals gelingen. Auch wenn im weiteren Ver
laufe eines solchen Falles eine geeignete Therapie den Dia
betes zur Besserung oder Heilung brächte und dann gleich-
2*