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Alles in allein sehen wir also, daß die Beziehungen
zwischen Diabetes und Dementia paralvtica sehr verschieden
sein können und daß es erst durch eine größere Zahl von
Untersuchungen gelingen wird, diese Beziehungen genauer
abzugrenzen. Es sei mir gestattet, im folgenden über zwei
Fälle von Geisteskrankheit mit Diabetes zu berichten und
zwar über einen Fall von reiner Dementia paralytica und
Diabetes und einen zweiten Fall von Taboparalyse und
Diabetes.
In dem 1. Falle handelte es sich um den 55 jährigen
Arbeiter W. aus B., der am 4. Mai 1904 in die Klinik auf
genommen wurde. Die Anamnese von der Frau des Patienten
ergiebt folgendes: Eine Schwester des Patienten ist geistes
krank. Patient ist seit 9 Jahren mit seiner jetzigen Frau
verheiratet, dieser Ehe entstammt ein Kind, Aborte traten
nicht ein. Aus der ersten Ehe des Patienten leben vier
Kinder.
Seit vielen Jahren hat Patient viel getrunken, namentlich
Bier und Kümmel, so daß er häufig betrunken war; er
wurde nie gewalttätig, war in der Arbeit fleißig. Seit einigen
Jahren klagt er viel über Kopfschmerzen und Schwindel
gefühl. Krämpfe oder Ohnmachtsanfälle hat er nie gehabt.
Seit vier Wochen sei die Sprache schwerer geworden. Am
29. April ging Patient Abends fort, kam erst gegen 5 Uhr
nach Hause. Nachdem er ausgeschlafen hatte, ging er
wieder zur Arbeit. Seit dem 1. Mai- hat er nicht mehr
gearbeitet, sagte, er habe es nicht nötig, er sei Millionär,
wolle sich Häuser bauen. Gestern fuhr er den ganzen Tag
in einer Droschke, verbrauchte sein Geld, trank sehr viel.
Gestern Nacht wollte er, nachdem er einige Stunden ge
schlafen hatte, wieder hinaus und eine Spazierfahrt machen.
Sinnestäuschungen hat er nicht gehabt.
Patient wird in der Nacht im Sanitätswagen gebracht,
ist sehr unruhig, sträubt sich heftig, will sich nicht ausziehen
lassen, schreit, er sei Millionär, er wolle ausfahren, hat im
Laufe der Nacht noch mehrfach geschrieen, im übrigen gut
geschlafen, am andern Morgen ist er ruhig.
Personalien gibt er richtig an.