Full text: Ein Beitrag zur Lehre der senilen Geistesstörungen und ihrer forensischen Bedeutung

33 
hat. Meist meint er, er habe seine Frau nur am Halse 
verletzt, der Nachtwächter hat sie erst vollständig getötet. 
Ein anderes Mal ist es der Nachtwächter allein gewesen. 
Der Nachtwächter habe seine Frau „kastriert“ und dann 
vor den Kopf geschlagen. Er empfindet keine Reue, äußert 
sich überhaupt in keiner Weise, daß es ihm leid tut, den 
Mord begangen zu haben. 
Die weitere Beobachtung ergibt, das Pr. sehr mangel 
haft über Ort und Zeit orientiert ist, ein Umstand, der schon 
dem Kreisarzt bei der ersten Untersuchung aufgefallen ist. 
Ebendasselbe ist auch hier in der Anstalt häufig bemerkt. 
Er gibt die Jahreszahl falsch an, glaubt sich an einem 
anderen Orte. Geht auf Station an ein falsches Bett. 
Was auffällig und für den Krankheitszustand unseres 
Patienten charakteristisch ist, es besteht ein deutlicher 
Wechsel zwischen relativer Klarheit und tiefer Benommen 
heit, so vermag er zeitweilig leichte Rechenaufgaben richtig 
zu lösen, ist dann auch orientierter über Ort, Zeit und 
Hergang der Handlung. 
Wie schon erwähnt, ist er zuweilen auch aufgeregt, 
geht unruhig umher und schläft die Nacht schlecht. Auch 
diese erhöhten psychiatrischen Erregungszustände sind für 
den geistigen Schwächezustand charakteristisch, neben dem 
sonst apathischen, teilnahmlosen Verhalten. Das meiste 
Interesse hat für ihn noch das Geld und hat er oft deshalb 
Streitigkeiten mit seiner Frau gehabt. Auch vor Ausführung 
der Tat ist es anscheinend zu solchen Zwistigkeiten ge 
kommen und werden dieselben den Anstoß zu dieser ge 
geben haben. Pr. ist im Orte als sehr geizig bekannt gewesen. 
Seine Stimmung ist eine schwankende, oft ist er 
reizbar, verdrießlich, zuweilen mißtrauisch und ängstlich, 
dann wieder lebhaft erregt. 
Wir sehen ferner bei ihm Wahnvorstellungen der 
mannigfaltigsten Art, speziell Verfolgungsdelirien und Sinnes 
täuschungen auftreten. Er glaubt, die Bauern wollten ihm
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.