Full text: Ein Beitrag zur Lehre der senilen Geistesstörungen und ihrer forensischen Bedeutung

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Die Stimmung der Patienten kann sehr wechselnd 
sein, meist ohne äußeren Grund. Bald sind sie weinerlich 
und ängstlich, bald wieder mürrisch und reizbar. 
Zuweilen ist bei diesen Kranken ein deutlicher Wechsel 
zwischen relativer Klarheit und traumhafter Benommenheit 
zu bemerken. Pat., die alle zeitlichen und örtlichen Ver 
hältnisse durcheinanderbringen, trotz ihrer 70 oder 80 Jahre 
nach ihren Eltern verlangen, sich in ihrer Wohnung nicht 
zurechtfinden, nachts im Hause umherirren, zwecklos in 
ihren Sachen herumkramen, ohne zu wissen, was sie eigent 
lich suchen, zeigen bald wiederum ein äußerlich geordnetes 
Verhalten und verwerten die ihnen noch gebliebenen Er 
innerungen in zusammenhängender Weise. 
Auch Mißtrauen ist eine häufige Erscheinung, oft 
kombiniert mit Verfolgungsideen und Sinnestäuschungen. 
Sie sind meist geizig, oft durch den Wahn der Verarmung 
dazu geführt, oft krasse Egoisten. Essen und Trinken ist 
ihnen die Hauptsache. Wahnvorstellungen des Bestohlen 
werdens, des Vergiftetwerdens stellen sich zuweilen ein. 
Patient, der von Siemerling (Gerichtl. Med. Bd. 111, S. 373) 
beschrieben ist, glaubt von seinem Wirte seines ganzen 
Vermögens beraubt zu sein, wiederholt sei ihm die Taschen- 
uhr gestohlen worden. Andererseits werden sie selbst zu 
Dieben, entwenden Geld aus den Kassen der Wirtschaften 
und Geschäfte, eignen sich fremdes Gut an, ohne sich ihres 
Verbrechens bewußt zu werden. 
In den hauptsächlich nachts auftretenden Halluzinationen 
sehen sie Diebe, Mörder, Leichen, auch Stimmen werden 
zuweilen vernommen. Daneben besteht noch eine große 
Menge anderer Sinnestäuschungen, oft verursacht durch 
infolge der Altersveränderungen im Gehörorgan subjektiv 
wahrnehmbare Geräusche. So sah ein Kranker einen Toten 
gräber mit erhobenen Armen auf sich zukommen. Ein 
anderes Mal zwei Juden, die Geld von ihm haben wollten, 
bezahlte er nicht, so würde er ins Gefängnis kommen.
	        
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