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Tatsächlich sind sie auch in den publizierten Fällen fast nie
sämtlich erfüllt und wenn ihre Erfüllung wirklich unum
stößlich notwendig zum Beweise der primären multiplen
Carcinome wäre, dann hätten die Mehrzahl der bisherigen
und auch meine Veröffentlichung keine Berechtigung.
Auf der anderen Seite garantiert auch die Erfüllung
der Billroth’schen Forderungen die Multiplizität primärer
Carcinome nicht, was ich an mehreren Fällen erweisen werde.
Bei der ersten Forderung, die verlangt, daß die Carci
nome verschiedene anatomische Struktur aufweisen müssen,
muß die Einschränkung gemacht werden, daß dies dann nicht
der Fall zu sein braucht, wenn multiple primäre Carcinome
auf derselben Matrix, im gleichen Organ oder Organsystem
entstanden sind.
Für diesen Fall gibt Oberndorfer ein Beispiel in
seinem Aufsatze „Multiple primäre Carcinome des Darms“,
daß zur Illustration des Gesagten gleich hier angeführt
werden mag. Bei einer Autopsie fand Verfasser im Dünn
darm einer 48jährigen Frau vier erbsengroße, im Abstande von
zehn bis zwanzig Zentimeter voneinander entfernte Knötchen,
deren mikroskopische Untersuchung sämtlicli den Bau des
Carcinoma simplex erkennen ließ, an den Lymphgefäßen des
zwischen den Knoten liegenden Darmstückes war keinerlei
Veränderung wahrzunehmen, die auf eine carcinomatöse In
filtration der Lymphbahnen hätte schließen lassen. Dagegen
sprach die völlig gleiche Größe, ihr gleichartiger Sitz und,
was Oberndorfer für ein wichtiges Moment hält, der Um
stand, daß sämtliche Knötchen gegenüber der Ansatzstelle
des Mesenteriums sich befanden, für primäre multiple Car
cinome.
Oberndorfer teilt noch einen anderen ganz analogen,
von Chilesotti publizierten Fall mit, bei dem er auch zu
der Ansicht kommt, daß es sich dabei wie in seinem Falle,
obwohl die vorhandenen Tumoren sämtlich gleiche Struktur
aufwiesen, doch um primäre Bildungen gehandelt hat.