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je größer aber die Verschiebung der Bruchenden, um so erheblicher
die Knochenproduktion. In unseren beiden Fällen subtrochanterer
Fraktur kam es trotz Estensionsverbandes und Heilung in guter
Stellung zu voluminöser Callusbildung, die, selbst angesichts der
Tendenz der Brüche im Trochantergebiet zur Callushypertrophie, sehr
auffallend war. Für ein genaueres Studium dieser Verhältnisse sind
nur wenige Publikationen verwertbar; nur diejenigen Arbeiten können
naturgemäß herangezogen werden, in denen sich Angaben über die
Art der Behandlung und die Stellung der Fragmente finden. Ich
habe in der neueren Literatur, die also eine Zeit umfaßt, in der
eine sachgemäße Frakturbehandlung mehr Allgemeingut aller Ärzte
geworden, 15 Fälle sammeln können, bei denen trotz immobilisie
render Verbände ein hypertrophischer oder als sehr reichlich be-
zeichneter Callus beobachtet wurde. Bei der nicht sehr großen
Zahl der diesen Punkt berücksichtigenden Mitteilungen ist der
Prozentsatz der mit Callushypertrophie verheilten Frakturen doch
ein so großer, daß man kaum von einer zufälligen Begebenheit
sprechen kann; überall fanden wir die Bemerkung notiert, daß über
das gewöhnliche Maß hinausgehende Verkürzungen nicht stattge
funden hatten. Demnach kann weder mangelnde Fixierung noch
stärkere Dislokation als ätiologisches Moment verantwortlich ge
macht werden.
Vielleicht läßt sich für diese Fälle ein anderer Faktor heran
ziehen, der bisher wenig Beachtung gefunden, ich meine die Herab
setzung der Muskelspannung. die Hypotonie, die ein ständiges Früh
symptom der Tahes ist. Büßt die den Knochen fest umschließende
Muskelmasse ihre Spannung ein, so kann die Verminderung des
Druckes der parostalen Neubildung eine weitere Ausdehnung ge
statten; auch wäre es sehr gut denkbar, daß die Spannungsabnahme
zu einer stärkeren Blutfüllung in der Tiefe führte, die im Sinne
Helferichs ein vermehrtes Wachstum begünstigen Avürde. Ist es
doch auch eine klinisch lange bekannte Tatsache, daß, seitdem die
Extension die Gipsbehandlung der Oberschenkelbrüche abgelöst,
die Bruchstelle also ohne jeden anliegenden Verband bleibt, die
Callusbildung eine viel reichlichere geworden ist; Helferich weist
hier der unbehinderten Blutzufuhr die entscheidende Rolle zu.
Stützen könnte unsere Annahme die wiederholt bei Operationen ge
machte Beobachtung von abnormem Blutreichtum des tabischen
Knochens (Oulmont, Seeligmüller, Büdinger). Bei unseren
beiden Amputationen trat eine auffallende Blutfülle des Femurs
wie der Tibia nicht hervor.