Full text: Knochenbrüche bei Tabes und deren ätiologische Stellung

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Desgleichen finden sich an der Außen- und Vorderseite dicht unter dem 
Trochanter bandartige Knochenschatten, die in das Femur übergehen. 
Von der Oberschenkelfraktur besitzen wir 2 Aufnahmen, eine, die 
bereits vor 2 Jahren für das Männerlazaret in unserer Klinik gemacht 
wurde, eine zweite, die neuerdings aufgenommen. Die erste zeigt einen 
langen Schrägbruch mit Ausschlagung eines großen dreieckigen Stückes 
und eines zweiten dem unteren Fragment anhaftenden Splitters. Die Corticalis 
ist sehr breit und dicht, nirgends sind Zeichen von Atrophie erkennbar. 
Das jetzige Röntgenbild zeigt die Fraktur mit geringer Verschiebung 
verheilt. Die Lücken zwischen den Fragmenten sind durch spongiösen 
Knochen ausgefüllt. In der Umgebung geringe periostale Verdickung, die 
sich nach oben weiter auf die Diaphyse erstreckt. Corticalis breit und 
intensive Schatten gebend. Nirgends Aufhellungen der Struktur. 
Die Fußknochen geben im Röntgenbild normale Schatten. Der II. und 
III. Metatarsus rechterseits sind in ihrer Mitte spindelartig verdickt; die 
Bruchlinie ist nicht mehr scharf erkennbar. 
Fall 9. M., Andreas, 56 J., Ökonom. Cronshagen. Ambulant be 
handelt. Februar 1906. 
Anamnese: Pat. ist Vater von 5 gesunden Kindern; 7 Kinder sind 
im Alter von 4 bis 11 Jahren gestorben. Einmal hat seine Frau abortiert. 
Infectio negatur. Seit einigen Jahren bemerkt M. einen unsicheren taumelnden 
dang; andere Zeichen seiner Krankheit hat er nie beobachtet. 
Am 20. Nov. 1905 stolperte M. in der Dunkelheit auf einem Feld 
weg, fiel hin und bemerkte beim Aufstehen ein Knacken im rechten Knie; 
er mußte anfangs danach etwas schief gehen, nach wenigen Minuten stellte 
sich jedoch der normale Gang wieder ein. Das Knie, welches bis dahin 
gesund gewesen, schwoll ein wenig an. Stärkere Schwellung trat erst auf, 
als M. etwa 1 i / 2 Monate später einen anstrengenden Marsch machte. Schmerzen 
waren nie vorhanden. 
Im März 1906 suchte Pat. die Ambulanz der Klinik auf. Wir fanden 
damals ein hochgradiges, schlotterndes, in Varusstellung stehendes rechtes 
Kniegelenk bei einem im zweiten Stadium der Tabes befindlichen, deutlich 
ataktischen älteren Manne. Wir verordneten einen Hessingschen Schienen 
hülsenverband, den M. seither dauernd getragen. Bei der jetzigen Unter 
suchung findet sich folgendes: träge reagierende divergente Pupillen, 
fehlende Patellarreflexe, Ataxie der oberen und unteren Extremitäten, 
Hypästhesie beider Beine, verlangsamte Schmerzleitung an den Füßen, 
Atonie der Muskulatur. 
Das rechne Kniegelenk enthält einen Erguß, es steht in leichter Varus 
stellung, Beugung bis zu 1 R. möglich, dabei hört man Reibegeräusche. 
Seitliche Gelenkbewegungen fast gar nicht mehr möglich. Die Tibiaepiphyse 
ist ein wenig verdickt. 
Röntgenbild: Kompressionsbruch der innern Hälfte der Tibiaepiphyse 
mit Verschiebung des keilförmigen Fragmentes nach unten. Um die Bruch 
stelle geringe Calluswucherungen. In der medianen Kapselwand fanden 
sich zwei erbsengroße Knochenschatten, daneben einige schleierartige unregel 
mäßige Verdichtungen. Femur und Tibia geben normale Schatten. Das 
Kniegelenk der gesunden Seiten, wie auch die Fußknochen zeigen im 
Röntgenbild keine Veränderungen.
	        
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