Full text: Knochenbrüche bei Tabes und deren ätiologische Stellung

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Gewebe, so würde das Mitprüfen derselben, falls es überhaupt von Ein 
fluß auf das Resultat ist, nur Fehler bringen und Verwirrung schaffen. 
Bei Prüfung mit ruhender Belastung, wie es in den Versuchen geschah, 
ist aber ein Einfluß auf die Tragfähigkeit gerade für die in praktischer 
Hinsicht wichtigsten Beanspruchungen auf Biegung, Strebfestigkeit, Druck 
und Torsion kaum anzunehmen. Denn die Weichteile setzen einem Druck 
fast gar keinen Widerstand entgegen, und so wird, um ein drastisches 
Beispiel anzuführen, ein fester Stab, der gebogen werden soll, nicht mehr 
tragen, wenn wir ihn mit einem Leinwandstückchen umgeben, als ohne 
denselben.“ 
Wir würden uns diesen Schlußbetrachtungen ohne weiteres 
anschließen, wenn der feste Mantel, den die kräftige Muskelmasse 
um den Knochen, speziell die langen Röhrenknochen bildet, die 
gleiche Rolle spielte, wie die um einen Stab gelegten Leinwand 
stücke. Ein solcher Vergleich ist nicht haltbar. Wir haben in 
jener Richtung einige mechanische Versuche angestellt, die den 
wirklichen Verhältnissen möglichst Rechnung tragen sollten. 
Wir bedienten uns eigens präparierter, an der Drehbank gezogener 
Holzstäbe von 70 cm Länge und 1 cm Durchmesser, die wir zwischen zwei 
festen Stützpunkten fixierten und nun mit allmählich steigenden Gewichten 
entweder direkt belasteten oder aus einer gewissen Fallhöhe treffen ließen. 
Wurden um diese Holzstäbe einige Lagen Watte lose herumgewickelt, so- 
pflegte sich die zum Bruch des Stabes erforderliche Gewichtsgröße um 
nichts oder nur unwesentlich von der des nicht umwickelten zu unter 
scheiden, wie ja auch die Belastungsgröße der nackten Stäbe trotz sorg 
fältiger Auswahl des Materials in gewissen Grenzen schwankte. Ahmt 
man die natürlichen Verhältnisse besser nach und legt die Watte nicht 
lose, sondern in festen Touren um die Stäbe, so treten bereits geringe Unter 
schiede in der Belastungsgrenze auf, die aber wesentlich größer werden und 
sehr deutlich hervortreten, sobald die Holzstäbe mit dicken Gummibinden 
in mehreren straff aneinander liegenden Schichten umwickelt werden. 
Sind diese Versuche selbstverständlich nur sehr grobe, können 
sie auf Exaktheit keinen Anspruch erheben, so beweisen sie doch 
gerade in ihrer Einfachheit, welch wichtige Rolle eine feste elasti 
sche Umhüllung für die Widerstandskraft eines Stabes gegen Be 
lastung spielt und, wenn wir die Verhältnisse auf den tierischen 
Organismusjübertragen, welch hohe Bedeutung der Muskulatur für 
die Festigkeit des von ihr umschlossenen Knochens zukommt. Jede 
Abschwächung des Muskeltonus muß die Widerstandskraft des 
Knochens herabsetzen. 
Trotz aller Anfechtungen scheint uns die von Richard von 
Volkmann zuerst vertretene mechanische Theorie für die Erklärung 
der Kontinuitätstrennungen am tabischen Knochen auch heute noch 
zu Recht zu bestehen.
	        
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