Full text: Knochenbrüche bei Tabes und deren ätiologische Stellung

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Eine qualitative Unterscheidung der tabischen Frakturen aber nicht 
nach ihrem Sitz, sondern nach den anatomischen Veränderungen 
am Knochensystem hat man bisher nicht unternommen. Gerade die 
letztere erscheint mir aber für ein besseres Verständnis und die 
richtige Einschätzung der spontanen Kontinuitätstrennungen Tabiker 
unerläßlich. Denn es liegt auf der Hand, daß die äußeren Mo 
mente — und äußere Momente spielen naturgemäß bei jeder Frak 
tur eine gewisse Holle — bei einem vollkommen atrophischen ta 
bischen Knochen ganz anders zu bewerten sind, als bei einem 
in seiner anatomischen Beschaffenheit anscheinend noch unversehrten 
Knochen. 
Daher ist es ein dringendes Erfordernis, die tabischen Spon 
tanfrakturen in zwei große Gruppen zu sondern: 
1. in solche bei abnormer Beschaffenheit des gebrochenen 
Knochens (Atrophie, Entzündung usw.). 
2. in solche mit normalem Knochenbefund. 
Diese Einteilung greift insofern vor, als sie bereits die An 
nahme, daß anscheinend spontane Kontinuitätstrennungen auch an 
völlig normalen, selbst mikroskopisch keine Veränderungen zeigen 
den tabischen Knochen eintreten können, als feststehendes Faktum 
einschließt, eine Voraussetzung, die bisher noch nicht bewiesen und 
erst durch unsere histologischen Untersuchungen zur Tatsache er 
hoben werden soll. 
Und damit kommen wir auf die neurotische Theorie zurück, 
die ja ihre Hauptstütze in dem Nachweis einer auf Nerveneinflüsse 
zurückzuführenden Schädigung des Knochengewebes sucht. Sie 
geht aus von der Beobachtung eigentümlicher trophischer Störungen, 
wie sie an den verschiedensten Körperstellen spinaler Erkrankungen 
nicht selten auftreteu. Sie stützt sich fernerhin besonders auf die 
von Charcot begründete Lehre einer spezifischen, durch Nerven 
einflüsse bedingten Gelenkerkrankung, der Arthropathia tabica. 
Gerade diese tabische Gelenkaflektion scheint für viele Anhänger 
einer neuropathi^chen Genese der tabischen Knochenbrüche als ein 
wandfreier Beweis zu gelten, weshalb auch die tabischen Frakturen 
stets im Zusammenhang mit jenen Gelenkerkrankungen aufgeführt 
werden. Genau wie bei letzteren mehr oder weniger ausgedehnte 
anatomische Veränderungen in und um die befallenen Gelenke auf- 
treten, die nicht selten sekundär die angrenzenden Knochenabschnitte 
in Mitleidenschaft ziehen, so soll auch den tabischen Frakturen eine 
mehr oder minder tiefgreifende Läsion des Knochengewebes vorauf 
gehen, auf deren Boden ebene Kontinuitätstrennungen eintreten.
	        
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