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Über die Umwandlung des roten Marks in Fettmark
konnte icli präzisere Angaben in den mir zugänglichen physiologischen
und pathologischen Lehrbüchern nicht finden. Man scheint allgemein
anzunehmen, daß diese Umwandlung in den Wachstumsjahren vor sich
geht und bezieht sich dabei meistens auf Angaben Neumanns, der
ein Gesetz über die Verbreitung des gelben und roten Markes in den
Extremitätenknochen im Jahre 1882 aufstellte. Nach Neumann besteht
bei erwachsenen Personen der normale Zustand darin, „daß ent
weder sämtliche kleineren und größeren Knochen der Extremitäten aus
schließlich gelbes Mark enthalten, oder daß die Anwesenheit eines roten
lymplioiden Markes sich auf die oberen Teile der Oberarm- und Ober
schenkelbeine (obere Epiphyse und ein kleinerer oder größerer Abschnitt
der anstoßenden Diaphyse) beschränkt, während die untere Hälfte der
genannten Knochen und die übrigen weiter peripher gelegenen Teile der
Extremitäten überall gelbes Mark enthalten.“ Die Substitution des ur
sprünglichen fötalen Marks durch Fettmark geschieht nach Neumanns
Ansicht jedenfalls bereits in einem frühen Alter und zwar so, „daß die
selbe von den Spitzen der Extremitäten ausgehend allmählich gegen den
Rumpf vorrückt.“ Ähnlich lautende Angaben ohne näheres Eingehen
auf Zeit und Ort fand ich auch in den tierphysiologischen Lehrbüchern,
so unter anderen bei Ostertag; „Rotes Knochenmark findet sich bei
ungeborenen und neugeborenen Tieren in sämtlichen Knochen. In den
mit einer Markhöhle ausgestatteten Röhrenknochen der Extremitäten
schwindet das rote Mark in der Markhöhle nach der Geburt, um dem
weißen oder gelben Fettmark Platz zu machen. Das rote Knochenmark
persistiert aber in allen übrigen Knochen, so in den Knochen des Schädels,
des Rumpfes., (Wirbelsäule, Rippen, Brustbeine, Becken) sowie an den
Schulterblättern.“ Daß bereits bei der Geburt im menschlichen Knochen
mark spärliche Fettzellen vorhanden sind, haben histologische Unter
suchungen von Löwe, Kölliker und Fl emmin g nachgewiesen.
Brüning, der vor kurzem sich mit dem zeitlichen Auftreten von Fett
zellen im Knochenmark beschäftigt hat, kommt zu dem Schluß, daß man
die Umwandlung des splenoiden (roten) Markes in Fettmark in ihren
ersten Anfängen ungefähr zur Zeit der Gehurt finden kann, in einzelnen
Fällen sicher schon geraume Zeit vor der Geburt. Er fand das Fett in
den Knochen des Rumpfes und Kopfes nur in Spuren, in den Extre
mitätenknochen zuerst in den am meisten distal gelegenen Partien, vor
wiegend splenoides Mark in den ersten drei Lebensjahren, in seltenen
Fällen reines Fettmark. Da Brüning seine Untersuchungen an Kin
dern sowohl im guten -Ernährungszustand wie mit hochgradigem Marasmus
machte, kommen die Resultate nicht unbedingt als Unterlagen für phy
siologische Verhältnisse in Betracht.
Die am nächsten liegende Frage, wieviel Mark enthalten
die verschiedenen Knochen im verschiedenen Alter
und wie ist das Verhältnis vom weichen b e z w. Fett
mark zum spongiösen, hat niemand berührt.