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M. Keding, Weitere Untersuchungen über stickstoffbindende Bakterien.
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Schleimhüllen gebildet. Normal aussehende Zellen waren in keiner Kultur mehr anzutreffen; dagegen
durchgängig unregelmäßige, mit Auswüchsen und Einbuchtungen versehene Involutionsformen, die nicht
von Schleimhüllen umgeben waren. In Mischkulturen waren Involutionsformen bei gleich langer Versuchs
zeit äußerst selten, Schleimbildungen habe ich hier nicht beobachten können; die Azotobacterzellen hatten
ein normales Aussehen.
Die Ergebnisse der chemischen Analyse sind auf den Tabellen 8, 9 und 10 angegeben. Eine Zu
nahme an Stickstoff hatte in allen Kulturen stattgefunden; diejenigen, welche durch Penicillium verunreinigt
waren, haben im allgemeinen eine unter dem Durchschnitt bleibende Zunahme an Stickstoff aufzuweisen,
was wahrscheinlich auf die durch diesen Pilz ausgeschiedene Säure zurückzuführen ist. Denn wo kohlensaurer
Kalk zugesetzt war, ist der schädliche Einfluß der von dem Pilze ausgeschiedenen Säure weniger zu merken
als bei den Kulturen ohne Kreide (Kultur Nr. 1 und 2 auf Tabelle 8). Die durchschnittliche Stickstoff
anreicherung in den Kulturen der ersten Reihe dieser Versuche (Tabelle 8) ist geringer als in den der beiden
anderen (Tabelle 9 und 10). Demnach hat der Zusatz von Calcium und die Verwendung von kalkhaltigem
Wasser einen günstigen Einfluß auf die Stickstoffbindung gehabt. Dagegen zeigt der Durchschnittsgewinn
an Stickstoff auf Tabelle 9 gegenüber dem von Tabelle 10 keinen so großen Unterschied, daß man daraus
einen Schluß ziehen könnte auf ein ungleiches Verhalten von Azotobacter gegen Calciumcarbonat bei
Mannit und bei d-Glukose.
Vergleicht man die Stickstoffgewinne auf Tabelle Nr. 7 mit denen auf Tabelle Nr. 8 bis 10, so
könnte man zu der Überzeugung gelangen, daß Azotobacter in flüssigem Medium besser Stickstoff bindet
als auf festem. Man darf dabei doch nicht außer acht lassen, daß die Menge der Nährstoffe bei den
Kulturen der Tabelle 7 viel geringer ist als bei den übrigen. In der zweiten Kultur auf Tabelle 7 sind
bei 12,4 g Nährboden 2,0 mg Stickstoff gebunden worden; der Höchstbetrag bei den anderen Kulturen
betrug 2,7 mg bei 75 cbcm Kulturflüssigkeit. Danach sind durch Azotobacter auf Agar 8,3 mg N auf 1 g
d-Glukose gebunden worden, dagegen in der flüssigen Kultur nur 1,8 mg N auf 1 g Mannit. Diese Zahlen,
das schnellere Wachstum auf Platten und das Aussehen der Zellen, die in flüssiger Kultur gewachsen sind,
lassen erkennen, daß die Stickstoffbindung in Plattenkulturen ausgiebiger ist als in flüssigen Kulturen.
Um zu untersuchen, ob die Stickstoffverbindungen, die in der Luft des Laboratoriums vorhanden
sind, einen merkbaren Einfluß auf die Stickstoffbindungen haben, wurden 2 Versuchsreihen aufgestellt, von
denen die eine unter Glasglocken aufbewahrt wurde, zu denen nur durch konzentrierte Schwefelsäure und
Kalilauge gewaschene Luft Zutritt hatte, die andere auf gewöhnliche Weise aufgestellt wurde. Die Kultur
flüssigkeit war bei beiden Reihen dieselbe; zu einem Teil der Kolben wurde eine Spur Ammoniumsulfat
zugesetzt, um eine größere Stickstoffzunahme zu erreichen. Bei Mischkulturen habe ich eine solche durch
diesen Zusatz nicht feststellen können, da hier die Begleitbakterien den Azotobacter bald ganz unterdrückten.
Um die Luft unter den Glasglocken zu erneuern, wurde alle 8 Tage eine Stunde lang mit der Wasser
strahlpumpe ein Luftstrom hindurchgesogen. Beimpft waren die Kolben mit Azotobactermaterial, das an
scheinend rein war. Beim Abbrechen des Versuches zeigten sich leider die Kolben verunreinigt durch ein
kleines Stäbchen, den ständigen Begleiter von Azotobacter. Da dieses sich aber in allen Kulturen fand,
so können die Resultate der Analysen dennoch Aufschluß über den Einfluß von gereinigter und nicht
gereinigter Luft auf die Stickstoffgewinne geben.
Tabelle Nr. 16 enthält die Resultate der Analysen derjenigen Kulturen, zu denen die von Stickstoff
verbindungen befreite Luft Zutritt hatte, Tabelle Nr. 15 von denen, die in der Luft des Laboratoriums
standen. Ein Vergleich dieser Resultate läßt einen durchgehenden Unterschied nicht erkennen. Bei der
gewöhnlichen Versuchsanordnung haben also die in der Luft vorhandenen Stickstoffverbindungen keinen
Einfluß auf die Resultate der Stickstoffbindung in den Kulturen. Zu demselben Ergebnis haben die unter
ähnlichen Bedingungen angestellten Versuche von Löhnis (1. c.) geführt. — Die Darbietung einer
Spur von Ammoniumsulfat hat bei diesen Versuchen die Stickstoffbindung gefördert, ohne daß Azotobacter
von den Begleitbakterien unterdrückt wurde. Die mikroskopische Untersuchung nach Ablauf der Kulturzeit
ließ erkennen, daß dieser Spaltpilz sich stark vermehrt hatte, daß aber auch die Begleitbakterien zahlreich
vorhanden waren. Die Bildung einer Kahmhaut und das Dunkelwerden der Azotobacterkolonien bei
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