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M. Keding, Weitere Untersuchungen über stickstoffbindende Bakterien.
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(Temp. 20—25°) aufbewahrt. Zum Beimpfen der Kolben wurde von allen Tellern je 1 g abgewogen und
auf zwei sterile Kolben, die 100 cbcm Nährlösung enthielten, verteilt, von denen der eine dann nochmals sterilisiert
wurde; die Nährlösungen bestanden aus 100 cbcm Leitungswasser, 2 g Mannit oder d-Glukose, 0,05 g
Dikaliumphosphat, 0,02 g Magnesiumsulfat, und 0,1 g Calciumcarbonat. Gewöhnlich wurden in jedem
Monat zweimal Kulturen angesetzt. Die auf den Tellern 1 bis 3 ausgebreitete Erde nahm im lufttrockenen
Zustande bald ein graues, krümliches bis feinpulveriges Aussehen an. Die Erde auf Teller 4, die aus einer
Tiefe von 0,75 m stammte, war lehmhaltig und sah lufttrocken gelb bis gelbbraun aus.
Nachdem die zum Impfen angewandten 0,5 g Erde in die Kolben hineingebracht waren, wurden
diese kräftig geschüttelt, um eine möglichst feine Verteilung des Impfmaterials in der Kultur zu erlangen.
Nach dem Absetzen bedeckten die Erdpartikelchen vermischt mit den Kreideteilchen den ganzen Boden
des Kulturgefäßes. Die so beimpften Kulturen wurden dann sich selbst überlassen und standen im Winter
bei 20 bis 25°, im Sommer bei 12 bis 20°.
Der Verlauf der Kulturen war im allgemeinen bei denen, die in der Zeit vom 27. Januar bis zum
19. Juli 1905 angesetzt wurden, der gleiche. Nach 4 bis 5 Tagen (im Sommer wegen der niedrigeren
Temperatur gewöhnlich etwas später) bemerkte man eine leichte Trübung, bald bildeten sich kleine treibende
Membranen aus, aufsteigende Gasbläschen zeigten die beginnende Gärung an; die Membranen schlossen sich
zu einer Kahmhaut zusammen, von der einzelne Fetzen nach unten in die Flüssigkeit hineinragten. Die zu
nehmende Zahl der Gasblasen lockerte die Kahmhaut auf, sie zerriß, sank auf den Boden des Gefäßes.
Bei den glukosehaltigen Kulturen machte sich gewöhnlich ein intensiver Buttersäuregeruch bemerkbar, der
bei den Mannitkulturen fast regelmäßig ausblieb. Nach 3 Wochen begannen sich die Kahmhäute zu verfärben
bis sie schließlich ein schwarzbraunes Aussehen annahmen. Die Kalkteilchen ballten sich anfangs zusammen,
wurden darauf aber zum Teil wieder aufgelöst. Nach längerem Stehen der Kulturen hörte die Gärung auf,
ein Zeichen, daß der vorhandene Zucker verbraucht war. Wie das makroskopische war auch das mikro
skopische Aussehen bei allen Kulturen ungefähr das gleiche, nämlich das der gewöhnlichen aus Erde
gewonnenen Rohkulturen. Die Kahmhaut bestand vorwiegend aus Azotobacterzellen, die oft beträchtliche
Größenunterschiede zeigten. Daneben war jedoch eine mannigfaltige Bakterienflora vorhanden. Eingehender
wurde diese nicht untersucht, und ich beschränke mich hier darauf, die stets wiederkehrenden und am
meisten in die Augen fallenden Formen kurz zu schildern. Zunächst bemerkte man spindelförmig an
geschwollene granuloseführende Bakterien, an einem Ende, das nach Jodzusatz farblos blieb, die Sporen
anlage, während das andere Ende sich blauschwarz färbte, möglicherweise also Clostridium. Pasteurianum.
Sehr zahlreich war auch stets ein anderes schmales, ziemlich langes, ebenfalls granuloseführendes Bakterium
vorhanden, das an einem Ende etwas angeschwollen ist und von Keutner (1. c.) Seite 16 Figur 5d ab
gebildet wird. Niemals fehlte auch eine Form, welche das Aussehen von dicken plumpen Stäbchen hatte
und wohl ähnlich ist dem von Thiele 2 ) beschriebenen Bacterium moleste. Von den zahlreichen sich nur
durch ihre Größe unterscheidenden Stäbchen, ist eine häufig zu Doppelstäbchen vereinigte Art auffallend,
die sich mittelst Purzelbewegungen fortbewegt, was besonders schön im Hängetropfen zu beobachten ist,
wo sie mit Azotobacter die Stellen der größten Sauerstoffspannung aufsuchen. An kokkenförmigen
Bakterien waren es besonders 3 Arten, die in allen diesen Kulturen wiederkehrten und die sich durch ihre
Größe unterschieden: kleine, mittlere und größere; letztere erreichten ungefähr den vierten Teil der
Größe von normalen Azotobacterzellen. Alle drei Formen fanden sich auch öfter zu Diplokokken vereinigt
vor. Als Gäste fanden sich zuweilen Flagellaten, Infusorien und andere tierische Organismen ein.
Von dem Verhalten dieser Kulturen unterschied sich der Verlauf der vom 13. Oktober 1905 ab an
gesetzten. Zunächst machte sich ein Unterschied darin bemerkbar, daß die Kulturen längere Zeit gebrauchten,
bevor eine Bakterientätigkeit in ihnen sichtbar wurde. Obwohl im Oktober bei geheiztem Zimmer am
Standort der Kolben eine Temperatur von 20 bis 25° herrschte, begannen sich die Kulturen erst nach 10
bis 12 Tagen zu entwickeln. Hieraus konnte man schon den Schluß ziehen, daß mit dem Impfmaterial
weniger entwickelungsfähige Bakterien in die Kolben gelangt waren. Die mikroskopische Untersuchung
bestätigte diese Annahme. Sie waren „reiner“ geworden, dadurch daß die Mannigfaltigkeit der das mikro
skopische Aussehen der vorhergehenden Kulturen bestimmenden Bakterienflora abgenommen hatte. Flagel
laten und die anderen tierischen Organismen fehlten ganz; trommelschlägerförmige Bakterien waren zwar