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man behaupten darf, dass Küsten, die von Natur
nicht vorteilhaft ausgestattet sind, notwendig eine
geringe Besiedelung haben müssen. Wie sich die
Küste zur Besiedelung verhält, hängt in mancher
Beziehung von dem Volke ab, das dieselbe bewohnt.
Ungünstige Eigenschaften der Küste können bis
zu einem gewissen Grade durch Menschenhand ver
bessert, anderseits können auch wirklich gute Küsten
wenig genutzt werden. 1 ) Unter allen Umständen
bleibt aber doch die Tatsache bestehen, dass die
geophysischen Eigenschaften von grundlegender
Bedeutung für die Besiedelung sind, und dass die
wirtschaftlichen Verhältnisse durch sie mitbestimmt
werden. Aus der Wirkung beider Verhältnisse
zusammen ergibt sich die gegenwärtige Stellung
der Küste.
Bei früherer Gelegenheit wurde bereits dargetan,
dass der Küstensaum sowohl auf die See, als aufs
Binnenland blicke, und so ist das Erwerbsgebiet
der Küstenbewohner auch einmal das Meer und
ferner das Hinterland. Da der Küstenstreifen auch
als solcher in seinem Boden eine Erwerbsquelle
bietet, so können wir auf demselben drei grosse
Berufsarten unterscheiden, in denen die Bevölkerung
tätig ist, und diese wirtschaftliche Mannigfaltigkeit
ist es, die auf unserm Gebiet eine so starke Bevöl
kerungsdichte herbeiführt.
Nutzen aus dem Boden des Küstensaums selbst
zieht die Gruppe der landwirtschaftlichen Bevöl
kerung. Als Uebergangsgebiet des Landverkehrs
zum Seeverkehr oder umgekehrt dient die Küste
ferner der grossen Klasse der in Handel und Ver
kehr beschäftigten Personen, mit denen sich die
industrielle Bevölkerung vereinigt, zur Wohnstätte.
') Vgl. Hahn: Bemerkungen über einige Aufgaben der
Verkehrsgeographie und Staatenkunde, S. 116, in Zeitschr. für
wissensch. Geogr. Bd. V, 1885.