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der hier gegründeten Stadt eine einigermassen sichere Gewähr
bot, wird man sich daher vornehmlich bei der Geschichte Rats
erholen und die Beweggründe in Betracht ziehen müssen,
welche zur Gründung der Städte geführt haben.
I. Spekulative Gründungen.
Eine ganze Gruppe spekulativer Gründungen bilden die
posenschen Kleinstädte, die hier als Beispiel genauer betrachtet
werden sollen. Ähnliche Fälle finden sich zweifellos auch in
anderen Landschaften Ostdeutschlands; sie alle anzuführen,
würde jedoch zu weit führen, ist auch ohne genauere Kenntnis
der Spezialgeschichte dieser Städte nicht möglich und bietet
auch geringes Interesse, nachdem an einigen Beispielen der
Vorgang erklärt ist, der sich immer wiederholt.
Im XII. Jahrhundert beginnt die Besiedelung des Landes
östlich der Elbe mit Deutschen 1 ). Neben der Anlage von
Dörfern begann man auch bald mit der Gründung von Städten,
hauptsächlich im Laufe des XIII. Jahrhunderts, als das Land
schon mit Dörfern besetzt war. Die Aufgabe der Städte war
die, als Marktorte zu dienen, daneben im Notfälle als Zufluchts
stätte für die Bewohner der Umgegend.
Daher suchte man mit Vorliebe solche Stellen für Stadt
gründungen aus, die einerseits von Handelsstrassen berührt
wurden oder vermöge ihrer Lage an einem bequemen Fluss
übergang, an einem Gebirgspass, einer Passage zwischen zwei
Seen die Verkehrswege anzogen, die aber andrerseits auch
durch die Bodenbeschaffenheit eine leichte Verteidigung er
möglichten. Die Grundherren nun, auf deren Veranlassung die
Gründung der meisten ostdeutschen Städte erfolgte, hatten an
dem Aufblühen dieser Gründungen ein lebhaftes Interesse, da
sie Grundeigentum gegen einen Zins an die Ansiedler verkaufen,
also Ackerland zu Bauland machen konnten. Daneben flössen
ihnen aus Zöllen, Miete für Benützung der Kaufhäuser, der
auf dem Markte errichteten Verkaufsbuden u. s. w. reichliche
Einnahmen zu 2 ), Einnahmen, die um so willkommener waren, als
') Vgl. u. a. Heil, Die Gründung der nordostdeutschen Kolonialstädte
und ihre Entwickelung bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Programm des
Gymnasiums zu Wiesbaden. I8li6.
2 ) Heil S. 11 a. a. 0.