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Bodenschätzen hat in Oberschlesien eine grossartige Industrie
ins Leben gerufen, welche naturgemäss auf die Siedelungen
von massgebendem Einfluss gewesen ist, indem diese ihr
entweder ihre Entstehung, oder, wenn sie schon älter sind,
doch ihre heutige Blüte verdanken.
Beuthen O.-S. ist eine alte Stadt, die 1254 zu deutschem
Recht angesetzt wurde *) und bereits damals durch ihren
Bergbau auf Blei und Silber und durch die Lage an der
Breslau-Krakauer Strasse von Bedeutung war 2 ). Der grosse
Aufschwung, den es in der neuesten Zeit genommen hat, datiert
erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts und ist bedingt
durch die reichen Erz- und Kohlenlager in der Umgebung der
Stadt. Die Nachbarstadt Königs hütte dagegen ist eine
Gründung der Neuzeit; sie wurde erst 1868 zur Stadt erhoben
und ist heute die grösste Stadt Oberschlesiens. Ihren Namen
empfing sie nach dem 1799 angelegten grossen Eisenwerke
Königshütte, und dieses sowie das benachbarte fiskalische Stein
kohlenbergwerk „König“ bildet den Lebensnerv der mit grosser
Schnelligkeit sich entwickelnden Stadt. Auch das östlich von
Königshütte gelegene Katto witz besteht als Stadt erst seit 1867.
Hier ist neben den Gruben und Hüttenwerken der Umgegend
von Einfluss auf die schnelle Entwickelung der Umstand
gewesen, dass Kattowitz den Mittelpunkt des Eisenbahnnetzes
des Industriebezirkes bildet. Von der Hauptstrecke Breslau—
Myslowitz zweigen sich hier Strecken nach Bielitz (Österreich-
Schles.) und Ratibor ab. Eine weitere Liuie stellt Uber
Kreuzburg—Öls eine zweite Verbindung mit Breslau her, während
die Bahn nach dem nahen russischen Grenzort Sosnowitz den
Bewohnern des dichtbevölkerten russisch-polnischen Industrie
bezirkes vielbenutzte Gelegenheit gibt, ihre Bedürfnisse hier
zu decken, ihre Erzeugnisse hier abzusetzen Etwa 6 km süd
östlich von Kattowitz dicht an der Grenze gegen Russland
und Österreich, die an der „Dreikaiserecke“ mit dem Deutschen
Reiche zusammenstossen, liegt die Stadt Myslowitz, die auch
erst im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss der Industrie empor
gekommen ist. Dasselbe gilt von Gleiwitz; schon im 13. Jahr
hundert als Stadt nachweisbar 3 ), hatte es, obgleich Kreuzungs-
') Triest, Topographisches Handbuch von Oberschlesien, I. S. 321.
2 ) Partsch, a. a. 0. S. 116.
s ) Partsch, a. a. O. S. 120.