Full text: Ostdeutsche Stadtlagen

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verkehrenden Schiffe war 1904 mehr als doppelt so gross als 
der in den Ostseehäfen, und in Prozenten ausgedrückt wuchs 
in den Jahren 1898 bis 1904 der Nordseeverkehr, soweit 
deutsche Städte in Betracht kommen, nahezu doppelt so stark 
als der auf der Ostsee 1 ). 
Betrachten wir nun die Stellen der Küste, an denen die 
Seestädte der Ostsee erwachsen sind, so sehen wir eine gewisse 
Übereinstimmung in den Stadtlagen. Die Ostseektiste weist in 
unserem Gebiet drei grosse Buchten auf, die Mecklenburgische, 
die Pommersche und die Danziger. Möglichst am innersten 
Winkel der Busen und da, wo die Flüsse sich in diese ergiessen, 
hat man die Städte angelegt. 
Die Lage an der Spitze eines Meerbusens ist insofern 
günstig, als der Seeverkehr hier so weit als möglicli ins Land 
eindringen kann, während der Fluss eine bequeme und billige 
Verbindung mit dem Hinterlande herstellt. In dieser Beziehung 
ist nun Stettin vor allen anderen Seestädten unsres Gebietes 
im Vorteil, da die Länge der schiffbaren Strecken des Oder 
systems 2716,5 km beträgt' 2 ) gegenüber nur 806,2 km im Strom 
gebiet der Weichsel — d. h. innerhalb des Deutschen Reiches, 
die russische Strecke kommt wegen der Zollgrenze und der 
durch mangelhafte Regulierung erschwerten Schiffahrt weniger in 
Betracht ebenso wie bei der Memel —. Königsbergs Strom, der 
Pregel, folgt in noch weiterem Abstande, da er nur bis Tapiau 
für den Grossscliiffahrtsverkehr brauchbar, zwischen Tapiau 
und Insterburg nur mit kleinen Fahrzeugen zu befahren ist. 
Charakteristisch ist ferner für unsere Städte, dass sie 
nicht unmittelbar an der Mündung des Flusses ins Meer ge 
legen sind, sondern eine mehr oder weniger grosse Strecke 
landeinwärts. Nur Memel macht hier eine Ausnahme. Mass 
gebend dafür war vor allem der Baugrund; die Anschwemmungen, 
von denen die Mündungen der Flüsse umgebeu sind, bieten für 
grössere Ansiedelungen keinen günstigen Untergrund. Diesen 
Nachteil vermied man aber, wenn man die Städte da anlegte, 
wo der diluviale Boden zum letzten Male dicht an den Fluss 
herantritt. Diese Lage bietet den weiteren Vorteil, dass der 
Fluss noch bequem überschritten werden kann, denn weiter 
') Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich. 1906. 
J ) Reinhard S. 440.
	        
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