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mit Zagen auf die Bühne trete: Habe er doch die Sünde
begangen, den Reim in seinem Stücke zu gebrauchen. Gleich
wohl hofft er Gnade bei den Zuschauern zu finden. Er
bittet sie in Rechnung zu ziehen, daß er die Oper in fünf
kurzen Wochen vollendet habe und ‘in tliose few hours he
snatclied from friends and wine’. Leider habe er indessen
mehrere mächtige Feinde zu fürchten, aber er sei bestrebt,
dem besten unter ihnen zu gefallen.
Akt I.
(Scene 1). Waldlandschaft.
Psyche mit zwei Damen ihres Gefolges tritt auf. Sie
preisen die herrliche Natur und den köstlichen Frieden der
Landschaft. Fernab von dem eitlen Treiben am Hofe fühlt
Psyche sich am glücklichsten. Ihre zahlreichen Freier ver
suchen vergebens sie zu einer Heirat zu bewegen und selbst
um den Preis einer Krone will sie ihre goldene Freiheit
nicht mit den Fesseln der Ehe vertauschen. — Jeder huldigt
ihr, selbst die Götter sind von ihrer Schönheit entzückt.
Pan tritt auf mit seinen Sylphen und Dryaden, um Psyche’s
Lob zu singen. Dann kommen allegorische Figuren, wie Ehr
geiz, Macht, Reichtum und Friede zu ihr, die alle versuchen,
sie zu gewinnen. Aber auch das Unheil naht: Sechs Furien
entsteigen der Erde und prophezeien ihr drohend eine trübe
Zukunft. Psyche jedoch ist gewiß, daß ihre Unschuld sie
schützen wird. — Diese Scene findet sich nicht bei Moliere,
der in seiner Oper den ersten Akt durch ein Zwiegespräch
der neidischen Schwestern Psyche’s eröffnet.
(Scene 2).
Prinz Nicander tritt auf, der schon seit geraumer Zeit
um die Hand der Prinzessin wirbt. Auch hierher ist er
ihr gefolgt, um sie mit heißen Liebesworten zu bestürmen.
Aber Psyche weist seine Werbungen entschieden zurück.
Darauf klagt er, daß sie der menschlichen Natur entgegen
jede Liebe verschmähe. Inzwischen naht ein zweiter Freier,
der Prinz Polynices, der auch Psyche seiner treuen Liebe
versichert und sie um ihre Hand bittet. Sie hingegen