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Leben, das seine Wirkung mehr durch eine interessante. Fabel
als durch scharfe Zeichnung der Charaktere zu erreichen suchte.
Die neue Richtung machte es dem Publikum leichter, der
Fabel des Stückes zu folgen; darauf beruht Beaumonts und
Fletchers große Popularität. Auch Middleton, Dekker, Rowley,
Field u. a. schlugen denselben Ton an. So beherrschte bald
das romantische Drama fast ganz allein die Bühne. Sein Einfluß
war insofern schädlich, als stehende Figuren geschaffen wurden,
die als Träger bestimmter Situationen dienen mußten. Zahlreiche
Phrasen tauchen auf, die bei jeder Gelegenheit angewandt werden.
Alles wird unnatürlich und gekünstelt. Die Frauen besitzen ent
weder den höchsten Grad der Tugend oder des Lasters. Liebe
wird Sinnlichkeit, Freundschaft eine sentimentale Schwärmerei,
Männlichkeit ein bloßes Wort. Dieses Sittendrama befaßte sich
mit der Schilderung der Londoner Gesellschaft, indem es die
Männer und Frauen nach der Schablone des romantischen
Dramas zeichnete.
Die Quellen, aus denen die Dramatiker schöpften, waren
sehr verschieden. In der Tragödie wurden hauptsächlich ge
schichtliche Ereignisse und bekannte Sagenstoffe behandelt. Die
Stoffe der Komödie wurden von Shakespeare und seinen un
mittelbaren Zeitgenossen aus dem antiken Lustspiel, aus Ghaucer,
vor allem aber aus den englischen, französischen und italienischen
Novellensammlungen entlehnt. Besonders Boccaccio und Bandello,
deren Erzählungen den Engländern zum Teil durch die Über
setzungen in Painter’s »Palace of Pleasure« leicht zugänglich
waren, wurden reichlich ausgebeutet. Beaumont und Fletcher
benutzten die Novellenstoffe der Italiener weniger als Shakespeare,
doch machten sie mehrfach bei Cervantes und anderen Spaniern
Anleihen. Die große Beliebtheit, der sich am Anfänge des
17. Jahrhunderts italienische Novellenstoffe, nicht gerade zum
Vorteil der Moral, bei den Dramatikern erfreuten, brachte vielmehr
einen derbrealistischen Ton in die Komödie. Das niedere Publi
kum ergötzte sich an den pikanten, teilweise zotigen Possen der
kleineren Geister, sodaß uns die Schließung der Theater durch
die Puritaner im Jahre 1642 einigermaßen verständlich wird.
Der schon erwähnte, dieser Periode angehörende Schau
spieler und Dramatiker Nathaniel Field soll nun im Nachfolgenden