W ährend die Hypochondrie als Krankheit schon seit
Jahrhunderten Ärzten wie Laien bekannt war —
spricht doch schon Galen vom morbus hypochondriacus —
so hat doch die Definition und die Klassifizierung dieses
Leidens im Laufe der Zeiten viele und eingreifende Ver
änderungen erfahren müssen.
In den ältesten Beschreibungen, die uns erhalten sind,
werden die Beschwerden im Bereiche des Verdauungssystems,
besonders die der regio hypogastrica, in den Mittelpunkt des
ganzen Krankheitsbildes gerückt; die psychische Verstimmung,
der unsere Zeit ihr Interesse zuwendet, spielt dagegen nur
eine sehr untergeordnete Rolle. Als der primäre Vorgang
werden die Veränderungen des Organismus aufgefaßt, mögen
sie nun die Verdauungsorgane selbst betreffen, oder als
Folgezustand einer Alteration ihres Nervensystems angesehen
werden, um die Vorgänge im Bereich der Psyche kümmert
man sich kaum und erwähnt sie nur als nebensächliche
Begleiterscheinung.
Ein Wandel in diesen durch eine lange Reihe von
Jahren unerschütterten Anschauungen trat erst im Beginn
des 19. Jahrhunderts durch die Arbeiten französischer Forscher
ein, die das einseitige ätiologische Moment der körperlichen
Erkrankung durch die Auffassung vom Wesen des Leidens
als Psychose ersetzten. Daß die Hypochondrie eine selb
ständige Krankheit sei, darüber waren sich alle Autoren
einig, nur über die Art der Entstehung, über die Beteiligung
des Gehirns herrschten Meinungsverschiedenheiten. Während
die einen die geistigen und körperlichen Krankheits
erscheinungen einer fehlerhaften Art des Denkens und einer
»ausschließlichen Beschäftigung der Seele mit der anhaltenden
und übertriebenen Furcht vor bizarren und imaginären