Full text: Ein Beitrag zur Frage der nosologischen Stellung der Hypochondrie

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eine neue Präge betreffs der nosologischen Steilung der uns 
hier interessierenden Krankheit. 
Romberg redet von der »psychischen Hyperästhesie« 
als von einer Erregung und Unterhaltung abnormer Sensationen, 
bedingt durch das Fixieren von Empfindungen durch den 
Geist. Nur wo geistige Intention neue Sensationen schaffe, 
sei Hypochondrie vorhanden. 
Während diese Erklärung noch aus der Zeit stammt, 
in der die Hypochondrie als Nervenerkrankung betrachtet 
wurde, sehen die folgenden sämtlich in ihr eine Psychose. 
Mendel definiert das Leiden, das er unter die Zahl 
der depressiven Geisteskrankheiten rechnet, »als eine 
funktionelle Hirnerkrankung, deren wichtigste Symptome 
Furcht und Angst in bezug auf den Zustand des eigenen 
Körpers sind.« 
Wie durch diese funktionelle Hirnerkrankung, eine 
pathologische Veränderung der Hirnrinde, die hypochondrischen 
Wahnvorstellungen entstehen, zeigt uns Hitzig, der seine 
Definition: »Hypochondrie ist eine krankhafte Veränderung 
der Selbstempfindung« näher begründet durch Klarlegung des 
letzteren Begriffes. Das Wesen der Selbstempfindung bestehe 
in einer normalerweise die Schwelle des Bewußtseins nur 
wenig oder garnicht überschreitenden Wahrnehmung der 
einzelnen Organe. Nicht anders wie bei der Hypochondrie 
sei die krankhafte Veränderung der Selbstempfindung eins 
der hauptsächlichsten Zeichen der meisten Geisteskrankheiten, 
bei ihr aber trete sie besonders in den Vordergrund wegen 
der eigentümlichen Form, in der sie zum Ausdruck gelange. 
Der Anlaß zu diesen eigenartigen Störungen liege in der 
krankhaften Veränderung der Großhirnrinde. Sie sei nicht 
mehr imstande, die ihr zuströmenden physiologischen Reize 
richtig zu verarbeiten, sie gestalte sie zu pathologischen 
Bewußtseinsvorgängen. 
Wie Schüle, der von einer »psychischen Neurose 
auf Grundlage einer Hyperästhesie der Empfindungsnerven 
einzelner oder aller Organgebiete und mit der Wirkung eines 
dadurch gesetzten Zwanges auf das gesamte Seelenleben« 
gesprochen hatte, teilt auch Kraft-Ebing Hitzigs Stand 
punkt von der primären Störung der Selbstempfindung. Er
	        
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