Bei der Beurteilung der Nierenkrankheiten in Bezug
auf die Schwere der Erkrankung, ihre Prognose und bei der
Feststellung der einzuschlagenden Behandlung wird es von
besonderer Wichtigkeit sein, ein Maß zu erhalten für ihre
Funktionstüchtigkeit, Aufschluß also zu gewinnen, ob sie den
Anforderungen in Bezug auf Ausscheidung der Stoffwechsel
produkte, die den Körper in normalem Zustande verlassen
sollen, genügt. Es ist das nicht leicht. Man ist geneigt,
nach der Stärke des Eiweißgehaltes des Urins, der Ver
ringerung der Menge des Urins dies zu beurteilen. Starke
Oedeme pflegen auch als Anzeichen starker Nierenstörung
angesehen zu werden. Meist mit Recht. Aber nicht selten
ist bei reichlicher Albuminurie, bei deutlicher Verminderung
der Urinmenge, bei erheblichen Oedemen kein Anzeichen
von Urämie, kein Zeichen von Insufficienz der Niereu in
Bezug auf den Stoffwechsel zu konstatieren. Andererseits
kann bei reichlichem Urin, Fehlen der Oedeme und des
Eiweißes Urämie resp. starke Funktionsstörung z. B. bei
Schrumpfniere sich einstellen.
Man ist bestrebt, möglichst Anhaltspunkte zu gewinnen
aus der Zusammensetzung des Urins für die Frage, ob die
Funktion der Niere für die Ausscheidung eine genügende
ist oder nicht. Man kann zu diesem Zweck ausgehen von
der Bestimmung des Harnstoffgehaltes, bezw. der Stickstoff
ausscheidung, doch wird diese nur dann sichere Ergebnisse
liefern, wenn die Einfuhr des Stickstoffes und der etwaige
Verlust im Koth berücksichtigt wird, eine Untersuchung,
die sich in der Praxis schwer durchführen läßt. Einen