Full text: Über die englischen Marienklagen

67 
begegnet kurz nach Jesu Tod der Maria, und sie klagt vor ihm. 
Die weltliche Einkleidung und der ausgesprochen lyrische Zug 
dieser Klagen kann geradezu als Kriterium für ihre Entstehungs 
zeit, das 15. Jh., dienen. 
Wie bemerkt, wird U gegen Ende dieses Zeitraumes verfaßt 
sein, da es unter Skelton’s Einfluß steht. Das Versmaß ist eine 
eigenartig kunstvolle, complicierte Strophe, für deren Erfinder 
Schipper 1 ) Skelton hält. Verwendet ist sie in seinem “Woffully 
araid“ beginnenden Passionsgedicht 2 ), das durch Text wie Melodie 
sich großer Popularität erfreute 8 ). Nicht nur metrisch, sondern 
auch inhaltlich ist unser U eine Nachahmung dieses Stückes. 
Der einzige Unterschied im metrischen Bau zwischen den beiden 
Gedichten besteht darin, daß U den ganzen Abgesang: 
Jhesus, so sehe sobbed, 
so here sone was bobbed 
And of hys lyue robbed •, 
Seynge thys wordys as y sey the, 
“Who can not wepe, com lerne of me.“ 
als strophischen Refrain verwendet, mit geringen Variationen; 
dabei tritt der letzte Vers als Kehrreim besonders hervor. Bei 
Skelton wird die Eingangsstrophe “Woffully araid etc.“ auch am 
Schluß des Ganzen wiederholt; als Refrain dient ihr Anfang 
“Woffully araid“. Weitere Übereinstimmungen weist das Reimgut 
der beiden Dichtungen auf: bobbid: robbid (: sobbid U) und 
die Reime der vier ersten Verse: reson: encheson: reson: tresoni 
— Endlich ist die Ähnlichkeit der Themen anzuführen: bei Skelton 
klagt Christus vor dem Menschen über sein Leid, in U Maria. 
— Sie spricht immer nur Teile der Strophen, keine zusammen 
hängende größere Klage. 
Der Dichter sieht sie sitzen, mit dem Leichnam ihres Sohnes 
im Schoß, klagend und weinend; yf wepyng my3t rype be, hit 
') Engl. Metrik I, 389 Anm. Und doch setzt Sch. (S. 392) U in die 
Epoche der Towneley Plays, also das 14. Jh. — Ebendort Näheres über den 
Bau besagter Strophe. 
>) Poems of Sk. ed. Dyce I, 141. — Archiv CVI, 62. (Fehr). 
8 ) Heuser: Kildare-Gedichte S. 126. 
5*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.