6
einem langen, versilberten Kupferdraht, der an seinem oberen
Ende an einem Torsionskopfe befestigt war, hing er eine grössere
Eisenscheibe horizontal auf. Senkte er diese in die Oberfläche
des frisch destillierten Quecksilbers hinab, so konnte er fest
stellen, dass bei einer Drehung des Torsionskopfes um einen
bestimmten Winkel die Eisenscheibe um ebensoviel nachfolgte
und frei Schwingungen vollführte. Der Versuch dauerte etwa
zwei Minuten. Innerhalb dieser Zeit nahm die Oberfläche somit
keine merkbare Festigkeit an. Nach 15 weiteren Minuten aber
zeigte es sich, dass bei der Drehung um 1 0 die Scheibe nur
um 0,42° folgte, und dieses Zurückbleiben hinter der Drehung
des Torsionskopfes dauerte an, bis bei 1,50° Ablenkung oben
die Scheibe plötzlich in Schwingungen geriet, ein Zeichen, dass
der Widerstand der Oberfläche gegen die Torsion aufgehoben
war; die Schicht war zerrissen. Es genügt somit doch schon
eine verhältnismässig kurze Zeit, um die Oberfläche des Queck
silbers in einen festen Körper zu verwandeln. Wie wesentlich
aber dessen Festigkeit von dem Alter der Oberfläche abhängt,
erwies ein neuer Versuch nach 48 Stunden. Es konnte der
Torsionskopf um 865° gedreht werden, ehe ein Zerreissen der
oberflächlichen Schicht eintrat.
Dieses abnorme Verhalten der Oberfläche eines flüssigen
Körpers ist jedoch keine spezielle Eigenschaft des Quecksilbers.
Herr Schütt beobachtete eine gleiche bezw. ähnliche Erscheinung
an Zinkamalgamen und Lösungen von Eisenacetat, Albumin und
Saponin. Die Zinkamalgame zeichnen sich durch eine besonders
grosse absolute Festigkeit aus. Während diese für die 48 h alte
Hg-oberfläche einen Wert von 0,13 kg-Gew. mm ~ 2 ergab,
betrug unter gleichen Bedingungen für das 1 % ige Zinkamalgam
diese 14,5 kg.-Gew. mm _2 . Es ist dies ein ausserordentlich
hoher Wert, wenn man bedenkt, dass die Schubfestigkeit des
Bessemerstahls z. B. auf 34—58 kg.-Gew. mm ~ 2 gesetzt wird.—
Die Lösungen von Albumin, Eisenacetat und Saponin waren
insofern interessant, als sie an ihrer Oberfläche Häute ausbilden,
die nicht wie beim Quecksilber und den Zinkamalgamen spröde,
sondern nur zähe zu nennen sind. Ihre Schichten geben unter
der Einwirkung einer an Grösse zunehmenden Kraft zunächst