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§ 4. Diphthonge und triphthonge.
Die mundart hat a) folgende diphthonge: %9, ü9, ei, ui, ws. ei
= aos. äi (vgl. Bremer, Ndd. jb. XIII, 16), ws. äi, gi (= aos. äoi), ws.
au (= aos. äv, vgl. Bremer, Ndd. jb. XIII, 16), ws. ä, g — aos. äo,
(vgl. Bremer, Ndd. jb. XIII, 16), ws. f, e = aos. ei.
b) die triphthonge: üai und aos. äoi (= ws. äi, gi).
I. Was die quantität anbetrifft, so ist hervorzuheben, dass die
ersten componenten in ld, uv, äi, äi, qi und üai halblang sind. Die
anderen vocale sind als erste componenten kurz, an zweiter und dritter
stelle überkurz (vgl. § 15, 6).
II. Für die qualität der vocale in lautcomplexen gilt die regel,
dass sich die articulationsstellen der einzelnen componenten nähern.
1. 19, üd. Über t vgl. §1,1, über ü § 3, 1. Das 9 in %9 ist
etwas geschlossener als in üd. Für 19 bewegt sich die zunge gleich
zeitig rück- und abwärts. Der Unterkiefer senkt sich nicht und die
lippen behalten dieselbe Öffnung bei. Bei üe senkt sich die zunge ver-
tical. Der Unterkiefer senkt sich ebenfalls, die lippenrundung wird auf
gegeben, indem die mundwinkel sich einziehen. Der lippenspalt wird
höher und breiter.
2. äi, äi, gi, ei, ui, ei. Über ä und u vgl. §2,2. Bei äi, äi,
qi schiebt sich, sobald die Spannung des mittleren zungenrückens auf
hört, die vorderzunge nach vorn und oben. Dabei bleibt der vordere
zungenrand an den unterzähnen liegen: Beim i dieser diphthonge ist
die Spannung der zungenmusculatur nicht so gross, als wenn es selb
ständig vorkommt. Der Unterkiefer behält die Stellung für den ersten
componenten bei, die lippenöffnung bleibt dieselbe. Yon e in m gilt
das §2,1 gesagte. Auch hier verändern Unterkiefer und lippen ihre
Stellung nicht. Letzteres gilt auch für u in ui. Nachdem die m-Stellung
aufgegeben ist, bewegt die vorderzunge sich nach vorn und oben,
ziehen sich die mundwinkel zurück und der lippenspalt wird breiter
und höher. Über e in ei vgl. §1,2. Bei diesem diphthong hebt sich
die zunge, indem sie sich zugleich etwas vorschiebt; lippen- und unter-
kieferstellung bleiben dieselbe. Yon diesem ws. ei unterscheidet sich
das aos. ei dadurch, dass die Zungenbewegung eine allmähliche ist, so
dass man den laut fast als triphthongen auffassen könnte. Doch ist der
unterschied zwischen dem aos. und ws. ei so gering, dass verschiedene
Zeichen nicht erforderlich sind.
3. au, äo. Über a vgl. § 2, 2. Bei a hebt sich die hinterzunge
vertical. Der Unterkiefer hebt sich kaum merklich. Die lippen nähern
sich bis auf einen schmalen spalt, rundung derselben findet nicht statt.