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M. Oberg, Die Metamorphose der Plankton-Copepoden der Kieler Bucht.
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durch Gaze der entsprechenden Maschenweite. Auch beim Fange des Planktons muß mit größter Vorsicht
verfahren werden. Der Netzeimer muß ringsum dicht sein, da auf einem Gazeboden des Eimers die zarten
Tiere beim Ablaufen des Wassers immer geschädigt werden können, auch darf nie zu lange gefischt und
eine zu große Planktonmenge auf einmal eingebracht werden, weder ins Netz, noch in den Transporteimer
noch ins Zucht-Aquarium. Selbstverständlich muß das Letztere möglichst andauernd durchlüftet werden
und in einer Temperatur stehen, die der augenblicklichen Wassertemperatur dauernd entspricht. Die
Durchlüftung führt leicht zu mechanischen Traumen der Objekte, was am besten zu vermeiden ist, wenn
sie ringsum an allen vier Glaswänden und gleichmäßig in ganz feinen schwachen Luftstrahlen unter
geringem Druck erfolgt. Man sieht, der Versuch wäre äußerst umständlich, aber bei der großen Wichtigkeit
der Frage für die Meeresbiologie sicher unternehmenswert. Übrigens würde er immer nur Zahlen geben,
die für bestimmte Verhältnisse zuträfen und man dürfte nur schwer imstande sein, anzugeben, welcher
Jahreszeit während des Freilebens die betreffenden Verhältnisse entsprächen.
Nicht weniger Umstände bietet der zweite Weg. Er beruht auf der Zählmethode. Man müßte
durch Auszählen der einzelnen Entwickelungsstadien einer bestimmten Form in möglichst vielen Fängen
aller Jahreszeiten zunächst die relative Häufigkeit jedes Stadiums bestimmen. Diese muß aber der Dauer
des betreffenden Stadiums direkt proportional sein, wenn man nur berücksichtigt, einen Quotienten für
den Abgang an gefressenen oder sonstigen Toten auf jedem Stadium einzuführen. Diesen Quotienten zu
finden, kann man dann vielleicht die recht wahrscheinliche Annahme machen, daß etwa die Nauplius-
Stadien III und IV sich in der Dauer nicht wesentlich unterscheiden und dann würde der Vergleich ihrer
Zahlen innerhalb desselben Fanges den Quotienten ergeben. Zur größeren Sicherheit wird man den
Verlustquotienten für die Copepodit-Stadien noch besonders durch Vergleich der Copepodit-Stadien III und IV
bestimmen. Will man schließlich statt der relativen die absoluten Zahlen haben, so wird man nicht umhin
können, die Dauer eines Stadiums wenigstens experimentell zu bestimmen und dazu eignet sich entschieden
am besten die Eientwickelung bei denjenigen, die die Eier in Beuteln mit sich tragen, oder bei denjenigen
mit freiabgelegten Eiern das erste Nauplius-Stadium, weil man hier bereits mit einiger Aussicht auf Erfolg
in kleinen Wassermengen arbeiten kann, das Stadium auch aller Wahrscheinlichheit nach nur kurze Zeit
dauert und die Sorge um die Ernährung wegfällt. Schließlich möchte ich noch raten, als Objekt einen
Calaniden oder Centropagiden zu wählen, deren Stadien leichter auseinander zu halten sind als die von
Acartia und Oithona.
Mit dem gleichen Gegenstand in zum Teil ähnlichen Gedankengängen beschäftigen sich besonders
zwei Arbeiten. Das eine ist Hensens Abhandlung: „Über die Bestimmung des Planktons“, wo auf Seite 50
bereits einige der Gedanken ausgesprochen sind, wie ich sie oben ebenfalls verfolgt habe: Hensen bestimmt
dort durch Zählung die relative Häufigkeit der Eier, Nauplien und Copepoditen, durch Rechnung die der
reifen Weibchen und Männchen, führt dann als bekannte Größe die Angabe Jur in es über die Entwickelungs
dauer des Eies = 7 Tage ein und bestimmt so die Entwickelungsdauer bis zum reifen Tiere auf 52 Tage.
Ob hier wirklich, wie Hensen selber des öfteren betont, die Methode noch nicht einwandfrei war, kann
ich nicht beurteilen, dagegen erscheinen mir 2 andere Punkte bedenklich. Einmal fehlen unter den
Copepoden-Eiern noch die „dornigen Cysten“ die erst ganz neuerdings von Lohmann dieser ihrer Natur
nach erkannt sind, und zweitens ist die Verhältniszahl der Erwachsenen stark überlastet durch das Mit
zählen von Paracalanus, dessen Eier und Jugendstadien meiner Meinung nach im Ostseeplankton ganz
zurücktreten, während das erwachsene Tier die zweithäufigste Form ist. Beide Punkte würden, bei der
Rechnung berücksichtigt, eine Verlängerung der Entwickelungsdauer ergeben. Als prinzipiellen Einwand
möchte ich schließlich geltend machen, daß man wohl Juri ne s und Claus Untersuchungen überhaupt
ausgiebiger verwerten kann, und dann zu einer, je nach der Gunst der Umstände wechselnden Entwickelungs
und Lebensdauer gelangt, so daß Hensens (notabene sicher zu niedrige Zahl) immer nur für eine bestimmte
Jahreszeit in Betracht käme. Übrigens setzt Hensen selbst auseinander, daß es sich ihm mehr um Darlegung
der Methode, als um das Resultat handelt.
Zu einem fundamental abweichenden Ergebnis kommt H. Gran in „Das Plankton des Nordmeeres,
Bergen 1902“ auf dem Wege sehr scharfsinniger Combinationen. Er gelangt dabei zu einigen Leitsätzen
(Seite 64), deren wichtigste mir zu sein scheinen: