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M. Oberg, Die Metamorphose der Plankton-Copepoden der Kieler Bucht.
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Die Furka.
Ihre Anlage verdient während der ganzen Nauplius-Zeit und besonders auf deren erstem Stadium
diesen Namen durchaus nicht. Die tiefe Spaltung, die beim Copepoditen die Zweiästigkeit bedingt, ist
nur durch eine seichte Furche angedeutet, das ganze Organ erscheint mehr als ein kompakter, keilförmiger
Zapfen, der, den After dorsalwärts drängend, die Körperachse nach hinten verlängert, und zwar in einem
Grade, der zwischen den verschiedenen Genera und Entwickelungsstadien schwankt.
Die Bewaffnung läßt sich bei unseren Gymnopleen unschwer überall auf dasselbe Schema zurück
führen. Über das Ende der keilförmigen Anlage läuft, die Zweiästigkeit erst andeutend, senkrecht von der
Dorsal- nach der Ventralseite eine Furche, und jederseits von dieser Furche inseriert eine Borste, die etwa
der Körperachse parallel nach hinten gerichtet ist. Dies sind die beiden Endborsten. Der Ausdruck
„Borsten“ ist mir indessen nur Sammelbegriff für alle die merkwürdigen Gebilde, die sich, entschieden
einander homolog, bei den verschiedenen Genera an dieser Stelle finden. Bei unseren beiden Calaniden
ist es jederseits ein kräftiger, dorsalwärts gekrümmter Haken, wie ihn Grobben für Calanus finmarchicus
(Cetochilus septentrionalis) beschreibt und abbildet. Bei Centropages und Acartia haben wir statt dessen
kurze schlanke Dornen und bei Temora äußerst kräftige, fast stangenförmige Organe, die man wohl am
besten als Schweborgane deutet. Diese zeigen außerdem auch noch eine interessante Asymmetrie. Schon
gleich nämlich bei ihrem ersten Auftreten auf dem zweiten Nauplius-Stadium zeigen sie einen deutlichen
Größen-Unterschied: Die linke ist länger als die rechte. Diese Differenz wächst von Stadium zu Stadium
bis auf Stadium VI die linke etwa um das Dreifache die rechte überragt, die auch beträchtlich dünner
wird und neben jener fast verschwindet.
Zwischen den Endborsten findet sich ein zweites Paar Borsten inseriert, die Grobben als „Tast
borsten“ bezeichnet hat. Ich übernehme diesen Ausdruck, da ich meine abweichende Ansicht über ihre
Bedeutung durchaus nicht zwingend begründen kann. Diese Borsten zeigen nämlich bei allen Gymnopleen
Asymmetrie, denn während die linke weicher ist und in der Verlängerung der Körperachse getragen wird
(nicht ventralwärts abstehend, wie Grobben für Calanus finmarchicus schreibt) ist die rechte mit ihrer
ganzen Insertion dorsalwärts gerückt und steht leicht gekrümmt in beinahe rechtem Winkel vom Körper
ab. Das muß, meine ich nun, den Erfolg haben, daß sich jede Vorwärtsbewegung durch diese Art Steuer
gleichzeitig in eine leicht aufwärts gerichtete Bewegung umsetzt, ein Effekt, der für ein Planktontier sicher
glücklich ist. Ob diese Deutung aber richtig ist, kann ich nicht bestimmt behaupten, denn ich habe
nie einem Nauplius diese Borste abgeschnitten und ihn dann geradeaus oder abwärts schwimmen sehen,
nur weiß ich, daß bei den erwachsenen Tieren das ebenfalls dorsalwärts abgewinkelte Abdomen den
gleichen Erfolg hat.
So ziemlich bei allen unseren Gymnopleen ist dieses Borstenpaar in gleicher Weise ausgebildet,
nur das vom Centropages weicht durch seine kolossale Entwickelung in bemerkenswertem Grade ab. Schon
die rechte dorsalwärts verschobene Borste ist länger und stärker, die linke aber ist zu einem Schweborgan
ausgewachsen, das sich an Mächtigkeit gut mit der riesigen Endborste von Temora vergleichen läßt,
und dessen kräftige Entwickelung die ganze rechte Hälfte der Furkalanlage fast bis zum Schwunde
verdrängt hat.
An der Ventralfläche der Furkalanlage finden wir außerdem bei Temora noch zwei Paar kräftiger
Haken voreinander, die bei Centropages wiederkehren, aber, besonders das proximale, in schwächerer
Form. Bei Acartia ist nur das distale vorhanden und die Calaniden endlich zeigen alle vier Haken, aber
nebeneinander in eine Reihe gerückt.
Die Lateralflächen schließlich sind bei den Calaniden und Temora jederseits durch 3 Lateralhaken
bewaffnet, an deren Stelle sich bei Centropages, Acartia und den jüngeren Stadien von Temora mit Aus
nahme von Stadium I, 2 oder 3 schräge Reihen kleiner Borsten finden.
Eine derartig vollständige Bewaffnung bringt nun der Nauplius nicht gleich mit aus dem Ei, sondern
er erhält sie erst nach und nach. Auf dem Stadium 1 ist überhaupt von der ganzen Furkalanlage noch
wenig zu sehen. Die Analanlage liegt noch ziemlich endständig, und ventral, kurz vor ihrem Ende sind
2 Anhänge sehr verschiedener Gestalt inseriert. Bei den Calaniden sind es kurze, dreieckige Zipfel, bei