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Weiter wagt 0. nicht zu gehen, weil sich in Ewalds Vorrede 1 )
zu der 1. Ausgabe seiner gesammelten Werke die Bemerkung
findet: Det Engelske var mig aldeles ubekiendt (Skr. VIII, 153).
Aber ebenda hören wir auch, dass er Shakespeare und Ossian
in deutscher Sprache gelesen hat. Warum sollte ihm nicht auch
Milton auf diesem Wege erschlossen sein?
Ronning’) endlich giebt zu, dass man versucht sei, in
Miltons „Par. lost“ ein Vorbild fiir Ewalds Drama zu sehen,
fügt aber hinzu: „saa vidt man kan se, kendte han ikke denne
digter paa det tidspunkt.“ Aber auch diese Behauptung hätte
eines Beweises bedurft.
Anders scheint Liebenberg, der Herausgeber der Ewald-
schen Werke, zu der Frage zu stehen. Ohne sich näher darüber
zu äussern, führt er in den Anmerkungen zu „Ad. og Ev.“ zwei
mal Parallelstellen aus dem „Par. lost“ an (Skr. III; 274, Antn.
zu 12, 10 u. Skr. III, 279 f. Anm. zu 54, 7).
Tatsächlich ergiebt sich bei näherer Untersuchung der
Frage mit unumstösslicher Gewissheit, dass Ewald Miltons
„Parad. lost“ bekannt war.
So findet sich, um mit eigenen Zeugnissen zu beginnen,
in einer Dissertation Ewalds aus dem Jahre 1767 (also vor
der Umarbeitung des ersten Entwurfes zu „Ad. og Ev.“), betitelt
„De poeseos natura et indole“ * * 3 ) die Bemerkung: Ita qvomodo,
si stricte loqvendum, spiritus Miltonis vel ad physica, vel ad
moralia referes entia?
Ferner heisst es in der Vorrede zu „Ad. og Ev.“: Fine
Kiendere have bebreidet mig, at jeg i min Classification af de
onde Aander er veget baade fra Milton og fra KJopstock etc.“ 4 )
Hätte Ewald Milton nicht gekannt, so wäre der Hinweis
hierauf doch die nächstliegende Antwort auf jenen Vorwurf ge
wesen, und e'r hätte dann nicht mit weit hergeholten Gründen
seine Änderung zu motivieren brauchen.
>) Fortale, Skr.. VIII, 135 ff.
*) Rwnning, Bd. II, S. 73.
s ) Skr. VII, 42.
4 ) Skr. III, 5.