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II. Kapitel
Zur Litteraturge$chichte.
A. Ewald und Milton.
Die Frage, ob Ewald Miltons „Paradise lost“ gekannt hat,
als er sein Drama „Adam og Eva“ schrieb, ist immer noch
nicht gelöst. Hierin jedoch eine Entscheidung zu treffen, ist
notwendig, weil davon die Frage abhängt, was und wieviel an
dichterischem Gehalt dem Vorgänger zuzuschreiben und auf der
anderen Seite, was des Dichters eigenste Arbeit ist.
Ein Weiteres wird dadurch klar gestellt. Hat Ewald vor
dem Jahre 1765 Milton kennen gelernt, so dürfen wir den
Schluss ziehen — was von vornherein nahe liegt zu vermuten
— dass, als er vor die Aufgabe gestellt wurde, eine Eigenschaft
Gottes zu besingen, 1 ) er sich durch Miltons Vorbild bestimmen
liess, dieses Thema zu einer dichterischen Behandlung der
Schöpfungsgeschichte und des damit verbundenen Siindenfalls
zu erweitern.
Molbech * 2 ) behauptet — freilich ohne den Beweis dafür
zu erbringen —: Milton var den Tid ubekiendt for Evald, og
det er uvist, om han nogentid har laest harn.
Oehlenschläger 3 ) hält es dagegen für möglich, dass
Ewald „künde have kiendt noget dertil, idetmindste af Rygte“.
') Vorrede zu Ad. og Ev.“, Skr. III, 3: Selskabet for de skionne Viden-
skaber havde udsat en Prsemie for den beste Ode over en af de guddomme-
lige Egenskaber. Begierlig efter at vinde den, saae jeg mig om i dette
bundlbse Svselg, og mit liierte valgte Guds Algodhed.
2 ) Forelaesninger, Bd. I, S. 137.
3 ) Om Evald og Schiller, Forelaesninger S. 36.