82
mögen, wurde schon (s. 66 ff.) betrachtet. Es bleiben noch
die zu erörtern übrig, welche ihren Ursprung der wunder
baren herkunft der waffe verdanken (vgl. s. 68). Es
wurde (s. 53) auf den Zusammenhang der schwertmärchen
mit dem Sigfridsmärchen hingewiesen. Von den beiden dar-
stellungen, wie das Nibelungenschwert erbeutet wird, soll an
dieser stelle nur die von der erwerbung aus dem horte eines
drachen berücksichtigt werden. Sie findet sich ganz ähnlich
in dem (s. 46 ff., 53 ff.) geschilderten märchentypus (vgl. s. 53).
Fl1r das Nibelungenschwert hat Kauffmann (a. a. o.) die
lösung gegeben, dass es aus dem horte eines ver
storbenen stamme und daher seine wunderbare kraft habe.
Das zauberschwert des märchens befindet sich in der
unterweit; auf der hadesfahrt bekommt es der held.
Die verhängnisvolle eigenschaft des totenschwertes ist hier
geschwunden, weil der märchenheld stets vom erfolge be
gleitet ist, die siegkraft aber aus ebendemselben gründe
geblieben. Die erklärung Kauffmanns gilt also auch für
die märchenschwerter.
§ 105. Somit gehört dieser schwertmärchentypus in das gebiet
der kultvorstellungen und der dichtung der urzeit. 1 )
Überreste einer primitiven cultur haben wir in diesen volks-
traditionen zu erblicken. Erwin Rohde 2 ) hat für die Griechen
anschauungen nachgewiesen, welche genau mit denen unserer
schwertmärchen zusammen passen. Man gab den toten
schmuck und andere gegenstände mit ins grab, weil man
glaubte, dass die psyche zu dem toten körper zurückkehren
und sich an dem alten besitz noch in der grabeshöhle er
freuen könne (Rohde 34, 227, 240) 3 ). Durch solche toten-
gaben suchte man den gestorbenen an sein grab zu fesseln,
*) Das alter der schwertmärchen deutet auch Olrik an (Sakses
Oldhistorie 189; vgl. oben s. 43 anm., ebenso zs. d. Vereins f. vulksk.
II, 118).
2 ) Psyche. Seelenkult und unsterblichkeitsglaube der Griechen 2 ,
s. 34 ff.
3 ) Auch Gering (Über Weissagung und Zauber im nord. altert,
s. 4 f.) leitet „die Uranfänge der Weissagung und des zaubers“ aus dem
totenkultus her.