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liegt hier eine form des bekannten märchenmotivs vor, ans
der gerade die märchenhaften züge durch anlehnung an
bestimmte personen verdrängt sind. Leicht konnte auch
Jfidrek Wolfdietrichs stelle einnehmen, weil das thema eines
solchen drachenkampfes ganz geläufig war. Den Zusammen
hang mit den märchen gleichen inhalts beweist in der Wolf
dietrichssage sicher das durchaus märchenhafte ausschneiden
der zungen. Die rauhe Else in Wolfdietrich B erinnert an
märchenfiguren wie Allerleirauh. Ferner scheint der kampf
mit dem riesen Helle aus dem märchen entlehnt zu sein,
denn diese episode (Wolfdietrich B 497 ff.) steht ausser Zu
sammenhang mit dem fortgang der erzählung. Wie in
manchen märchen dem drachen ein köpf nach dem anderen
abgeschlagen wird, so haut Wolfdietrich dem riesen Helle
beide beine ab (B 501). l )
§ 90. Die im innern eines berges vollzogene erwerbung
eines Schwertes, das bestimmt ist, einen drachen zu töten,
ist aus dem Sigfridsliede bekannt, und eine andeutung darauf
findet sich im Rosengarten A. Die zwerge gehören, wie
schon ausgeführt wurde, nicht in diese darstellung von der
gewinnung des Balmunc hinein. 2 ) Nahe verwandt mit
seiner erlangung ist die des Nagelrinc nach der Didreks-
saga. Die klinge wird von einer mittelsperson, einem zwerge,
gezwungen aus der höhle eines riesenpaares gestohlen. Grim
und Hilde erliegen dieser waffe, die allein zu der tat fähig
ist. Wieder haben wir das märchenmotiv, dass ungeheuer
unter der erde mit ihrem eigenen schwerte erschlagen werden.
Statt des drachen treten riesen auf, wie in manchen märchen
(vgl. s. 48 f., 50, 55). Hierher gehört auch die Überlistung
des satyrs Mimingus bei Saxo, denn von dem erbeuteten
schwerte hängt Balders leben ab.
§ 91 Im märchen wird dem helden die aufgabe gestellt, eine
oder mehrere jungfrauen aus der gewalt von feind-
') Weist nicht vielleicht der name des riesen auf seine unter-
• irdische herkunft? (vgl. auch Beowulf 711 ff.)
2 ) Der bericht des Nibelungenliedes über Balmuncs erwerbung
stammt auch aus dem märchen, gehört aber nicht hierher (s. unten s. 85)-