Full text: Die Urteile Boileaus über die Dichter seiner Zeit

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Die angedeutete schneidende Kritik zielt namentlich auf 
die Werke Gomberville’s, 17 ) LaCalprenede’s 14 ) Saint- 
Sorlins und des Fräuleins von Scudery hin. Die 
meisten unbedeutenden Romandichter bleiben völlig ungenannt. 
Von den Genannten wiederum werden von B. nur La Calprenöde 
und besonders Mlle. de Scudery einer eingehenden Beurteilung 
gewürdigt. 
§29. LaCalprenede hat im Vergleich zu Mlle de 
Scudery weit weniger häufig und heftig die tadelnde Beur 
teilung B.’s erfahren, wohl aus dem einfachen Grunde, weil 
seine Romane sich von einigen Fehlern frei gehalten haben, 
welche in den Romanen der Mlle de Scudery in starkem 
Maße zu Tage treten. 
Was B. an den Romanen La Calprenede’s auszusetzen 
hatte, war zunächst ihre ungeheure Länge. (Sat. IX, 105 
— 108) 18 ). Ungleich schwerwiegender als dieser Fehler der 
Weitschweifigkeit La Calprenöde’s war seine Unfähigkeit die 
Gestalten scharf zu individualisieren. Heinrich Körting 18 ) 
bemerkt hierzu: »Vermag ihnen der Dichter nicht einmal 
durch das einfachste Kunstmittel, die Beschreibung, feste und 
kenntliche Züge zu verleihen, so natürlich noch weniger durch 
die komplizierteren: Die Art, sie reden, und die Art, sie handeln 
zu lassen. Der feurige Jüngling und der hinfällige Greis 
sprachen bei ihm in ganz demselben Tone wie die Fürstin 
und ihre Kammerfrau usw.« — Auf diesen Fehler La Cal 
prenede’s beziehen sich folgende Verse im Art poet. III, 128 
— 135. 
»Souvent, sans y penser, un ecrivain qui s’aime 
Forme tous ses heros semblables ä soi-meme: 
Tout a l’humeur gasconne en un auteur gascon; 19 ) 
Calprenede et Juba 20 ) parlent du meme ton. 
La nature est en nous plus diverse et plus sage; 
Chaque passion parle un difförenl langage: 
La colöre est superbe, et veut des mots altiers, 
L’abattement s’explique en des termes moins fiers.« 
§ 30. Die Charakterzeichnung der Personen La Cal- 
prenöde’s ist nicht blos seelen- und farblos, seine Personen 
sind selbst innerlich unwahr und so ungeschichtlich wie nur 
möglich. So redet Pharamond, 21 ) der sagenhafte erste König
	        
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