3
Einleitung.
§ 1.
Alle bisher über die Ökonomie und Technik des Lernens angestellten
Untersuchungen haben übereinstimmend ergeben, daß ein Memorierstück
von bestimmter Größe rascher im Ganzen als stückweise erlernt wird,
und daß ein auf diese Art erlerntes Memorierstück auch länger und
sicherer im Gedächtnis haftet als ein stückweise eingeprägtes 1 ). Dabei
blieb sich das Resultat im wesentlichen gleich bei der Erlernung von
sinnvollem und sinnlosem Material. Ich wählte zu meinen Unter
suchungen über die Ökonomie und Technik des Lernens zum Memorier
stoff fremdsprachliche Vokabeln. Dieses Material scheint mir zu unserem
Zwecke besonders geeignet. Es steht gewissermaßen in der Mitte
zwischen sinnvollem und sinnlosem Material; denn an und für sich sind
fremdsprachliche Vokabeln für den der betreffenden Sprache Unkundigen
sinnloses Material, das aber doch durch die Verbindung mit der mutter
1) Ygl. zum folgenden: Ebbinghaus, Über das Gedächtnis. Leipzig 1885. — G. E.
Müller und Schumann, Experimentelle Beiträge zur Untersuchung des Gedächtnisses,
Zeitschr. f. Psychol. und Physiol. der Sinnesorgane, Bd. VI, Heft 2 ff. 1893. — G. E.
Müller und Pilzecker, Experimentelle Beiträge zur Lehre vom Gedächtnis, dieselbe
Zeitschr. Ergänzungsband I, 1900. — A. Netschajeff, über Memorieren. Berlin 1902. —
L. Steffens, Beiträge zur Lehre vom ökonomischen Lernen. Zeitschr. für Psychol. und
Physiol. d. Sinnesorgane, Bd. XXII, 1900. — Experimente über Ökonomie und Technik
des Lernens von Ch. Pentscheff, N. Magneff und E. Ebert, lierausgeg. v. E. Meumann,
Arch. f. d. ges. Psychol., Bd. I, Heft 4 ff., Leipzig 1903. — E. Meumann, Über Ökonomie
und Technik des Lernens. „Die deutsche Schule“. VII. Jahrg. Leipzig 1903. Heft 3—7.
Ferner E. Meumann, über dasselbe Thema. Schweizer Lehrer-Zeitung, 1901, Nr. 42 ff. —
Zur Charakterisierung der zitierten Arbeit von Pentscheff wollen wir hier nur erwähnen,
daß sich in der einen Tabelle S. 456 f. nicht weniger als 3 Rechenfehler finden. Für die
durchschnittliche Dauer des letzten Hersagens werden 40,5 Sek. berechnet, während sie
in Wirklichkeit 48,5 Sek. betrug; in der letzten Rubrik muß es 86 statt 85 heißen; die
Dauer des einmaligen Durchlesens der beiden Strophen wurde nur bei 8 von 10 Fällen
kontroliert, trotzdem wurde zur Ermittlung des Durchschnitts durch 10 dividiert, so daß
sich statt 46, 75 die Zahl 37 ergab. Und aus diesen Zahlen werden Folgerungen ge
zogen !
1*