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seits wagte der Dichter wahrscheinlich nicht, eine so ideale Natur
wie die des Alceste auf die damalige Bühne Englands zu bringen, um
nicht allzusehr mit dem geltenden Geschmack in Konflikt zu geraten.
Stanford und Emilia sind einander nunmehr näher getreten
und haben sich ihr Leid geklagt. Dennoch stehen sie sich immer
noch recht misstrauisch gegenüber. Stanford glaubt nicht an die
Aufrichtigkeit der Gesinnung bei Emilia und Emilia nicht an den
Ernst der Empfindung bei Stanford. Erst wenn im gesellschaft
lichen Verkehr die Gesinnung der beiden sich bewährt hat, werden
sie sich von der Harmonie ihrer Charaktere überzeugen lassen.
Es war deshalb die Aufgabe des Dichters, beide in Situationen
hineinzuführen, durch die ihr Menschenhass so recht ans Licht
gebracht werden konnte. Daher beginnt jetzt die grosse Reihe
der Szenen, in der ein Quälgeist dem anderen folgt, um so die
beiden einander zu nähern. Der Dichterling Ninny eröffnet den
Reigen. Der Buchhändler, dem er sein heroisches Gedicht zum
Verkauf angeboten, hat nur zwei Shilling dafür geben wollen.
Seine Entrüstung über diese Unverschämtheit, ein Meisterwerk,
das unter Kennern mindestens seine Tausend Pfund wert sei, derart
herabzuwürdigen, ist sehr gross. Er kommt nun zu Emilia und
Stanford, um sich lang und breit über den Wert seines Werkes
und die Kritiklosigkeit seines Buchhändlers auszusprechen. Die
Lage der beiden Gequälten wird noch verschlimmert durch das
Erscheinen Sir Positive’s mit einigen Musikanten, die ihnen sein
neuestes Musikstück vortragen. Nach dem Spiele rühmt er sich
der Unwiderstehlichkeit seiner Reize beim weiblichen Geschlecht;
kein Weib, es möge noch so standhaft sein, vermöge seinen Ver
führungskünsten zu widerstehen. Mit sichtlichem Wohlgefallen
verweilt der Dichter recht lange bei diesem schlüpfrigen Gesprächs
stoff. Solche Art von Pikanterie war ja gerade den damaligen
Theaterbesuchern nach Wunsch.
Als schliesslich Woodcock auch noch erscheint, ist das Terzett
der Lästigen voll. Stanford und Emilia wissen sich nur durch
die Flucht aus der verzweifelten Situation zu befreien, doch die
Lästigen besitzen die Unverschämtheit, den beiden zir*folgen. Diese
Szene der Lästigen ist ohne Muster in der Quelle. Im Grunde
haben wir es hier aber mit einer Variation der entsprechenden
Szene des ersten Aktes zu tun.