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er nämlich nach kurzer Tätigkeit im Middle-Temple ins Ausland,
d. h. nach Frankreich. Wenn auch über die Zeit seines Aufent
halts nichts Bestimmtes überliefert ist, darf man wohl, ohne weit
fehlzugehen, diesen in die Jahre 1664—1666 setzen. Da wäre
es denn doch eigentümlich, wenn er von diesem bedeutenden
Werke Moliere’s, das der Kritik, wie auch dem gesellschaftlichen
Gespräch so reichen Stoff zur Diskussion bot, keine Notiz genommen
hätte. Vielleicht mag er noch unter dem frischen Eindruck dieses
Stückes gestanden haben, als er sein Erstlingswerk „The Süllen
Lovers“ schrieb. Eine Lektüre des Moliere’schen Werkes möchte
ich bei ihm nicht voraussetzen; denn wie oben erwähnt, fiel die
erste Edition desselben in das Jahr 1667, also in dasselbe Jahr,
in dem Shadwell seine Komödie verfasste. Ausserdem dürfte der
völlige Mangel textlicher Übereinstimmungen diese Annahme be
stätigen. Hätte er die Quelle wirklich vor Augen gehabt, als er
sein Lustspiel schrieb, würden bei ihm sicherlich direkte textliche
Entlehnungen nachzuweisen sein. Jedenfalls sind solche in den
genannten Dissertationen zur Genüge aufgezeigt worden. 1 )
Die erste und, soweit ich weiss, die einzige Anspielung auf
eine Nachbildung des „Misanthrope“ durch Shadwell macht Adolf
Laun. 2 ) Sonst findet man stets nur die zweite Quelle erwähnt,
die um so leichter entdeckt wurde, als der Dichter selbst in der
Vorrede zu seinem Werke unumwunden zugesteht, einzelne Partieen
aus Moliere’s „Les Fächeux“ für seine Komödie benutzt zu haben.
Ich führe hier seine eigenen Worte an:
„The first hint I received was from the report of a Plaj
of Moliere’s of three Acts, called „Les Fächeux“, upon I wrote a
great part of this hefore I read that; and after it came to my
hands, I found so little for my use (having before upon that
hint designed the littest characters I could for my purpose),
and that I have made use of but two short scenes which I inserted
afterwards, viz., the first scene in the Second Act between Stanford
and Emilia, and Moliere’s story of piquet, which I have translated into
backgammon, both of them being so varied you would not know them.
But I freely confess my theft, and am ashamed on’t, though I have
the example of some that never wrote Play without stealing most it.“
!) Vgl. die Arbeiten von Beber, Crull und Steiger im Literaturverzeichnis.
2) Moliere-Ausgabe: Einleitung zum „Misanthrope“, S. 9.