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Über sein Leben wissen wir folgendes: x )
Shadwell wurde im Jahre 1642 (?) zu Staunton Hall (Ge
meinde Broomhill) in Norfolk als Sohn von John Shadwell ge
boren. Seine Beziehungen zu der adeligen Familie Shadwell zu
Lyndowne (Staffordshire) sind unklar. * 2 ) Sein Vater war Friedens
richter von Middlesex, Norfolk und Suffolk. Fünf Jahre lang
Hess er seinen Sohn Thomas von einem Hauslehrer, namens
Mr. Roberts, unterrichten; dann kam er ein Jahr in die Schule
zu Bury-St.-Edmund zu einem Mr. Stephens. Mit 14 Jahren
schickte ihn sein Vater in das Caius College in Cambridge.
Ohne irgend welchen Grad trat er in den Middle-Temple ein, um
sich der Juristerei zu widmen. Doch scheint ihn neben der Rechts
wissenschaft, die er wohl wegen seiner Dürftigkeit als Brotstudium
gewählt hatte — man muss bedenken, dass der Vater 11 Kinder
versorgen musste —, schon früh die Literatur in Anspruch ge
nommen zu haben. Nach einigen Jahren gibt er sein Studium
auf und reist ins Ausland, was damals gleichbedeutend war mit
Frankreich. Hatte man französische Sprache und französische
Manieren in den oberen Ständen Englands stets mit Vorliebe
gepflegt, war diese Neigung durch den Hof Karls II. noch gefördert
worden. Sicherlich wird Thomas Shadwell Paris, schon damals
die Zentrale von ganz Europa, aufgesucht haben. Dort blühten
auch zu jener Zeit ein Corneille, ein Racine und vor allem ein
Meliere, der später für ihn von grosser Bedeutung werden sollte.
Nach Hause zurückgekehrt — wann, wissen wir nicht genau —
widmete er sich den klassischen Studien. Im Jahre 1668 trat er
dann mit seinem Erstlingswerk „The Süllen Lovers“ an die Öffent
lichkeit. Der Erfolg, den dieses Stück hatte, ermutigte ihn, in
der dichterischen Laufbahn fortzuschreiten. Im Jahre 1688 wurde
Shadwell von William III. die Würde des „poeta laureatus“ und
des „historiographer royal“ zuerkannt. Dies mag ihm eine um so
grössere Genugtuung bereitet haben, als er damit eine Stellung
einnahm, die sefn schlimmster Feind, Dryden, gedrungen hatte
aufgeben müssen. Doch sollte er sich nicht lange seines Glückes
erfreuen. Schon am 20. November 1692 raffte ihn der Tod in
*) Diction Nation.-Biogr.: Thomas Shadwell.
2 ) Notes and Queries 8 th ser. IV. 109.