8
Zeit sein besonderes Wohlwollen. Allerdings hat solche hohe
Gönnerschaft gewöhnlich eine Verirrung der Kunst von ihren
wahren Aufgaben zur Folge. Da ist es denn nicht zu verwundern,
dass fast alle bedeutenderen Dichter dieser Epoche vorurteilslose
Anhänger des Hofes bilden und auch ihre Werke dem am Hofe
geltenden Geschmack anzupassen suchen. Diese Tendenz musste
nur noch verstärkt werden, als es sich mehr und mehr zeigte,
wie sehr das gewöhnliche Volk das Interesse für das Theater ver
loren hatte. Das Drama gibt allmählich seine Volkstümlichkeit
auf und ist nur für den Hof und die vornehme Gesellschaft ge
schrieben. „Es drängte sich an den Hof und suchte einen Wieder
schein der schönen Welt zu erhaschen.“ *) Es war also nicht mehr
ein nationales, als vielmehr ein rein höfisches Drama. Statt aus
dem heimischen Leben oder der heimischen Geschichte die Stoffe zu
wählen, nahm man sie aus der ausländischen, vornehmlich der
französischen Literatur.
Den grössten Beifall unter den dramatischen Gattungen der
Restaurationszeit finden die Lustspiele. Dieses ist um so natür
licher, als die damalige Zeit vornehmlich erheitert werden wollte,
nachdem ihr solange alle Möglichkeit genommen war, dem Be
dürfnis nach fröhlichem Scherz und ausgelassener Lustigkeit
Rechnung zu tragen. Was für das Drama dieser Zeit im all
gemeinen gilt, gilt nicht weniger für das Lustspiel. „The character
of the drama became conformed to the character of its patrons.
The comic poet was the mouthpiece of the most deeply corrupted
part of a corrupted society. And in the plays before us we find,
distilled and Condensed, the essential spirit of the fashionable world
during the Antipuritan reaction.“ * 2 3 * )
In der ersten Zeit nach der Wiedereröffnung des Theaters
griff man allerdings noch auf Shakespeare, Ben Jonson, vor allem
auf Beaumont und Fletcher zurück. Doch entbehrten ihre
Komödien zu sehr des leichten, gefälligen Tones, der die franzö
sische Komödie“ so anziehend machte. 8 ) Der Hof war völlig
!) v. Schlegel: Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur.
34. Vorlesung.
2 ) Th. B. Macaulay: Critical and Historical Essays. IV. S. IGO.
3 ) Wie man über Shakespeare’sche Lustspiele dachte, dafür zeugen
einige Urteile in Samuel Pepys „Diary“ (29. Sept. 1662; 7. Nov. 1667).