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20. In der Geschichte der Brechung sind zwei Perioden zu
unterscheiden:
1. Eine Periode, wo Brechung nur durch ein in der späteren
Sprache synkopiertes a oder u bewirkt wurde 1 ): tiald
’Zelt’ urn. Heida, sialf 'selbst' urn. *selban, skiold 'Schild’
urn. *skclduii got. skildus, iorth 'Erde' urn. *erpu, hiorth
'Herde' urn. *herpu got. hairda.
2. Eine Periode, wo Brechung nur durch erhaltenes a oder
u bewirkt wurde: biarghce 'bergen' aisl. biarga urn. *berga,
liialpce 'helfen’ urn. *helpa, tiuglice 'zwanzig' urn. *legu,
fiughær n. 'vier' urn. *fegur *fedur % ), ’gigf gen. giafar
'Gabe' urn. *gebu gen. *geböR.
a) Bei dieser jüngeren a-Brechung sind noch verschiedene
Stadien zu beachten: oc) Die a-Brechung eines gern,
e in der Wurzelsilbe erfolgte in langsilbigen Wörtern
unabhängig davon, ob in urnord. Zeit ein Nasalkon
sonant geschwunden war oder sich erhalten hatte:
hialpce 'helfen' urn. *helpa, biarghce 'bergen' urn. *berga,
aisl. iardar (gen. zu igrp) urn. *erpo/t. ß) In kurzsilbigen
Wörtern wirkte nur urn. unnasaliertes a Brechung:
gen. giafar urn. *geböR, in andern Fällen tritt keine
Brechung ein: aisl. gefa dän. givce 'geben' urn. *geba,
berce 'tragen' urn. *bera, se aisl. siä 'sehen' urn. *sehwa. 3 )
Y) Im Ostn. trat in kurzsilbigen Wörtern a-Brechung
ein vor supradentalem 1, auch wenn in urnord. Zeit
ein auslautender Nasal geschwunden war: ficelæ 'ver
bergen' urn. *fela < *felan, seel. schon, sticelæ 'stehlen'
urn. *stela < *stelanP)
b) Die jüngere u-Brechung trat ein «) in Wörtern, auf
deren Endungsvokal u niemals ein Nasalkonsonant ge
folgt war: *gigf aisl. gigf 'Gabe' urn. gehn, tiuglue.
'Dekade' urn. *teguR\ ß) in Wörtern, wo auf den
O Noreen: Gesch.2 S. 5G2ff., Altisl. Gr. 3 § 91,3a a ß, § 145b ff., Kock:
Ark. 17, 161 ff., 19, 234ff.
2 ) Noreen: Altisl. Gr. 3 § 251, Kock: Ark. 14, 252.
3 ) Kock: Ark. 17, 167 und Anm., anders Noreen: Altisl. Gr. 3 § 87,
Altschw. Gr. § 76, 1.
4 ) Jüt. stælæ, vgl. § 19,3.