1. Die Lehren Ricardos und seiner Schüler.
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Die von unserem Autor vertretene Produktionskostentheorie ist in
keiner Weise einheitlich durchgeführt und wird ja auch von Ricardo
selbst nicht allein zur Erklärung. der Tatsachen herangezogen. Damit
richtet sie sich selbst. 1 ) Daß die Produktionskosten bei einer das An
gebot weit überragenden Nachfrage einen Einfluß auf den Geldwert
haben würden — theoretisch —, soll nicht bestritten werden. Regel
mäßig würde dann jedoch besonders die Elastizität des Kredits völlig
ausreichen 7 die Lücke zu verschließen. Nicht eine größere Notenemission
als vielmehr die Ausbildung der feineren Kreditinstrumente würde helfend
eingreifen.
Welches Verhältnis besteht zwischen Ricardo’s Theorie und der
jenigen früherer Schriftsteller? Teilweise schließt sich die Produktions
kostentheorie Ricardo’s an diejenige Pbtty’s an. Wie bei ihm so ist
auch hier der Arbeitswert der bestimmende Faktor. Unser Schriftsteller
hat freilich an anderen Orten den Begriff der Kosten erweitert durch
Berücksichtigung des Kapitals. Die RiCARDo’sche Nivellierungstheorie
weist, wie wir sahen, zwei heterogene Elemente auf. Einmal ist die
Veränderung der Handelsbilanz das primäre Moment und der inter
nationale Geldaustausch das sekundäre. Dasselbe nahmen die Mer
kantilisten an. Ein anderes Mal ist die Edelmetallbewegung die Ur
sache, der Handelsverkehr die Wirkung. Damit schließt sich Ricardo
an Locke und Hume an. In beiden Fällen wird das Gold ausschließlich
als Ware aufgefaßt. 2 ) Darin folgt unser Autor Ad. Smith.
An Ricardo schließt sich sein Übersetzer Baumstark 3 ) in Be
zug auf die Hartgeldwerttheorie ziemlich eng an. 1 )
Im Jahre 1809 trat Ricardo mit seiner Erstlingsschrift auf den
Kampfplatz. Wie stark die Wirkung war, läßt sich daraus ersehen, daß
die im nächsten Jahre tagende Kommission, das bullion committee, sich
in ihrem Schlußbericht den RiCARDo’schen Ansichten über die Be
stimmungsgründe des Papiergeldwertes sehr näherte. 3 )
Über die den Hartgeldwert beeinflussenden Faktoren entwickelt der
Bericht jedoch eine selbständige Meinung, — so weit zu ersehen; denn
für unsere Zwecke enthält der Report on the high price of gold
bullion 6 ) sehr wenig. Er beschäftigt sich vorwiegend mit dem Disagio
der „Noten“ und dessen Ursachen.
Die Mehrzahl der vernommenen Zeugen schreibt den hohen Preis
des Goldbullions, gemessen in Papier, seiner Seltenheit zu, die hervor
gerufen sei durch den großen Bedarf des Kontinents und den Mangel
1) Das Urteil Dieiil’s über die gesamte Geldlehre gilt auch speziell für die
Hartgeldwerttheorie. IV 2, S. 217.
2) Wagner, Bankakte c. 1. p. 79/80.
3) D. Ricardo, Grundsätze etc. ed. E. Baumstark Teil 2. Leipzig 1837.
4) p. 433. 5) Laugiilin, Principles c. 1. p. 254.
6) Reportfrom the Select Committee on the high price of gold bullion. Londonl810.
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